IFRS 9 Finanzinstrumente
IFRS 9 - Finanzinstrumente neu definiert
Seitdem die neuen IFRS-Anforderungen nach und nach umgesetzt werden müssen, stellen sie Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Zahlreiche Firmen sind mehr oder weniger gezwungen, die Erweiterung der IT-Finanzarchitektur völlig neu zu überdenken. Nur mit dem nötigen Knowhow und der Einführung von geeigneten Softwarelösungen gelingt es, Betriebe an die neuen Anforderungen anzupassen und reibungslose Übergänge zu garantieren.
Im vorherigen IAS-39-Standard hatten besonders Industrieunternehmen das Nachsehen, denn ihre schwebenden Rohstoff- und Warengeschäfte waren häufig mithilfe von Derivaten abgesichert. Gegen unvorhergesehene Preisänderungen und damit unkalkulierbaren Kostenexplosionen wurden diese Termingeschäfte abgeschlossen. Doch bis auf die Währungskomponente war jedoch eine Absicherung einzelner Risikokomponenten nicht möglich.
Für Unternehmen keine gute Basis, denn wenig Spielraum und hohe Volatilität zwangen eine große Zahl unter ihnen die missliche Lage zu akzeptieren. Mehr Absicherungsstrategie und eine größere Kostenspirale galten als ineffektive Lösung. Im neuen IFRS Standard ist davon keine Rede mehr. Nun ist es möglich im Hedging einzelne Komponenten zu berücksichtigen und einen besseren Einklang zwischen Bilanz und Risiko herzustellen.
Generell regelt IFRS 9 konforme Ansätze für die Ausbuchung, Bewertung und Sicherungsbilanzierung von vertraglichen Ansprüchen und Verpflichtungen. Doch wen betrifft diese Neuerung?
Verpflichtende Anwendung von IFRS 9
Die Vorschriften sind grundsätzlich für jedes Unternehmen bindend, welches vertragliche Verpflichtungen und Ansprüche geltend machen kann und nutzt. Für alle Geschäftsjahre, die zum 01. Januar 2018 oder danach beginnen, gilt die verpflichtende Anwendung der aktuellen Version. Ziel ist, wie bei allen einheitlichen Anwendungen des IASB, veraltete Fassungen abzulösen und an die modernen Anforderungen digitaler Bilanzierungsmechanismen anzupassen. Die bisher unter IAS 39 zusammengefasste Bewertungs- und Ansatzbilanzierung von vertraglichen Verpflichtungen und Ansprüchen wird jetzt zur Gänze durch die Bilanzierung unter IFRS 9 ersetzt.
Finanzielle Transparenz als zukunftsorientierter Ansatz in der Risikovorsorge und Wertminderung, aber auch eine standardisierte Kategorisierung und Bewertung von Hedgegeschäften, sichert die internationale Akzeptanz dieser Bilanzierungsmethode. Das sogenannte Hedge Accounting verfolgt das Ziel, das Gleichgewicht zwischen dem ökonomischen Risikomanagement und der bilanziellen Abbildung von Sicherungsbeziehungen zu steigern.
Doch es werden nicht ausnahmslos alle Regelungen dem IFRS unterworfen oder vollständig ersetzt. Bei Portfolio-Fair-Value-Hedges gelangen die Zinsänderungsrisiken nach IAS 39 nicht zur Integration in den Regelbestand. Hier werden unter dem Begriff Macro Hedges zusätzliche IASB-Agenden erstellt, deren Abschluss jedoch zurzeit noch nicht erfolgt ist.
Einflussfaktoren des IFRS 9 auf Unternehmen
Die neuen Anforderungen prägen die Klassifizierung von finanziellen Vermögenswerten. Zukünftig werden SPPI Tests durchgeführt. Ihre Zusammensetzung basiert auf die Cashflow-Eigenschaften und das jeweilige Geschäftsmodell. Der aktuelle Standard stellt zudem das sogenannte Impairment (Bewertungsmodell zum Kreditrisiko) auf ein dreistufiges Modell, indem performing, under-performing und non-performing Finanzinstrumente bewertet werden. Die Verschlechterung der Kreditqualität wird hier unter der Berücksichtigung von Zinsen und den zu erwartenden Kreditverlusten abgebildet.
Abhängig vom jeweiligen Ergebnis wird nach Amortised Cost oder Fair Value bewertet. Um dem Anwender zukünftig die Prüfung zu erleichtern, wurde in der Software selbst eine automatische Ermittlung erschaffen. Weiters ist zu entscheiden, bei welchen Positionen von der OCI oder Fair-Value Option Gebrauch gemacht werden soll. Schon vor Inkrafttreten von IFRS können bestehende Bestände analysiert und entsprechend der Vorgabe klassifiziert werden. Depotübertragungen und Positionstrennungen folgen und werden vorab durchgeführt. Als Besonderheit innerhalb der OCI-Option im Bereich der Eigenkapitalinstrumente gilt die Vorschrift, dass ein verbleibendes OCI nicht recycelt werden darf. Eine Umbuchung auf ein Sammelkonto darf jedoch erfolgen.
Im fachgerechten Übergang von IAS 39 auf IFRS 9 ermöglichen vielschichtige Adaptierungen im Reporting einen exakten Blick auf finanzielle Vermögenswerte. So liefern beispielsweise erweiterte Angaben zum Anhang und veränderte Felder im Datawarehouse explizite Dokumentationen. Nutzt ein Unternehmen bereits IAS-39, muss der Übergang auf die neue Anwendung ebenfalls ausreichend vermerkt und Überleitungsbuchungen durchgeführt werden. Für das interne Monitoring oder spezifische Analysen sind frühzeitige Vergleiche wünschenswert. Zusätzlich müssen unternehmensinterne Prozesse überdacht und an den digitalen Fortschritt angepasst werden. Die Einführung geeigneter Software ermöglicht zudem einen Wettbewerbsvorsprung in der systemübergreifenden Nutzung interner Dashboards und Schnittstellen.
Ausnahmen im Anwendungsbereich gelten bei Leasingverhältnissen und Finanzgarantien, Wetterderivaten, Verträge über finanzielle und nicht finanzielle Posten, bestimmte Termingeschäfte sowie Anteile an Tochterunternehmen oder Rechte und Verpflichtungen aus Versicherungsverträgen. Bei Kreditzusagen handelt es sich nicht um einen Bestandteil der neuen Anwendung.
Als größte Änderung gilt deshalb das neue Wertminderungsmodell. War es bisher regelkonform ausschließlich tatsächliche Wertminderungen abzuschreiben, muss nun bei allen vertraglichen Verpflichtungen und Ansprüchen auch der mögliche Verlust berücksichtigt werden. Alleine die Wahrscheinlichkeit zukünftiger drohender Verluste müssen vom internen Risikomanagement der betroffenen Finanzdienstleister eruiert werden. Dabei sind der effektive Zinssatz, volkswirtschaftliche Faktoren sowie der Cashflow eines Wertpapiers mit einzukalkulieren.
Besonders Banken stellt diese Neuerung vor extreme Herausforderungen. Sie müssen entscheiden, nach welcher Methode und in welchem System die Ausfallwahrscheinlichkeit und die zu erwartenden Verluste zu kalkulieren und zu verbuchen sind. Voraussetzung für eine lückenlose und solide Berechnung werden in Zukunft mehrere unterschiedliche Programme sein, die miteinander kommunizieren. Implementierungen neuer Software-Lösungen und die flächendeckende Einführung digitaler Instrumente beschleunigen die Digitalisierung und verhelfen der Branche zu einem großen Investitionsvolumen. Ab 2018 müssen Testbetriebe, Abstimmungsaufwand und Entwicklungszeit abgeschlossen sein, damit eine rechtzeitige Fertigstellung aller IFRS-9-relevanten Systeme den Bilanzierungsaufwand nicht einschränken und alle Buchungen reibungslos integriert werden können.
IFRS 9 und die Verpflichtung von Banken
Für Banken begann mit dem Jahr 2018 eine Phase der massiven Welle an Neuerungen. Nach dem Inkrafttreten regulatorischer Änderungen erhoffen sich Teilnehmer des gesamten Finanzmarktes eine Entschärfung, um eine erneute global wirkende Finanzkrise effizient zu verhindern. Mit IFRS-9 sind Banken angehalten, zu erwartende Verluste frühzeitig zu verbuchen. Dieser Mechanismus schützt vor scheinbar spontanen Verlusten und verändert die Kapitalposition für eine Mehrzahl der Banken. Mit tragbaren Auswirkungen, denn letztendlich führen eine starke Konjunktur und diverse finanzpolitische Ergebnisse zu höheren Renditen.
Erfassung finanzieller Vermögenswerte und ihre Ausbuchung
Alle Definitionen hinsichtlich Ansatz und Ausbuchung von Verbindlichkeiten und finanzieller Vermögenswerte werden weitgehend aus IAS-39 übernommen. Die erstmalige Erfassung von Vermögen und Verbindlichkeit in der offiziellen Darstellung einer Bilanz, wird von IFRS 9 vorgeschrieben, sobald die Berichtseinheit zur Vertragspartei des jeweiligen Anspruchs oder der Verpflichtung wird.
Folgt man regulären Zyklen, gilt die Ausbuchung von finanziellen Vermögenswerten als sicher. Die neue Anwendung liefert dem Nutzer zahlreiche Angaben zum Ausscheiden und trifft eine Entscheidung über die Ausbuchung erst dann, wenn die Berichtseinheit feststellt, nach welchen Kriterien die Umsetzung erfolgen muss. Handelt es sich um einen ganzen Vermögenswert oder eine Gruppe ähnlicher Positionen könnten unterschiedliche Szenarien zur Umsetzung gelangen. Werden nur Teile aus einem komplexen Wert erfasst, müssen diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie benötigen spezifisch abgegrenzte Zahlungsströme aus einem finanziellen Vermögenswert oder exakt proportionale Teilungen der Zahlungsströme. Die Berichtseinheit sieht eine Ausbuchung vor, wenn vertragliche Rechte an Zahlungsströmen auslaufen oder, wenn ein finanzieller Vermögenswert übertragen. Für diesen Fall berücksichtigt IFRS den Übertrag und rechtfertigt damit die Ausbuchung.
Gemäß allen aufrechten Verträgen und daraus resultierenden Verpflichtungen darf die Berichtseinheit alle wesentlichen Chancen und Risiken übertragen. Nach erfolgreicher Vollendung wird der Vermögenswert ausgebucht. Verbleiben die Werte in der Bilanz, müssen sie im Abschluss ausgewiesen werden.
Welche Klassifizierungen können vorgenommen werden?
Nachdem IAS 39 in der Einteilung von Finanzinstrumenten als zu kompliziert kritisiert wurde, enthält die neue Anwendung nur mehr zwei Kategorien. Im Gegensatz zur alten Version stellt die Verringerung der Klassen von vier auf zwei eine deutliche Vereinfachung dar. Zudem ist es bei der erstmaligen Erfassung möglich, erfolgswirksam zum Zeitwert zu bewerten. Daher können gemäß IFRS 9 effektiv alle Vermögenswerte in dieser Weise aufgenommen werden und müssen erst gar nicht in unterschiedliche Kategorien klassifiziert werden.
Dazu zählen Vermögenswerte, die zu fortführenden Anschaffungskosten zu bewerten sind, im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden, um vertragliche Zahlungsströme zu halten und Rückzahlungen des Kapitals sowie dazugehörige Zinsen.
Die Einordnung finanzieller Verbindlichkeiten erfolgt zum beizulegenden Zeitwert, womit unter anderem Derivate zu verstehen sind. Eine zweite Möglichkeit ist die Eingliederung von Verbindlichkeiten, die mithilfe der effektiven Zinsmethode zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden. In diesen Punkten verändert sich gegenüber dem alten Prinzip nicht viel.
Eingebettete Derivate werden inhaltlich zu großen Teilen im neuen IFRS übernommen. Allerdings existieren hier einige Änderungen, die es zu beachten gilt. Ist ein Derivat mit vertraglichen Verpflichtungen oder Ansprüchen verbunden, aber dennoch unabhängig, kann es von diesem Instrument übertragen werden. Jedoch handelt es sich dabei um kein eingebettetes Derivat und wird als eigenständiges Finanzinstrument gehandelt.
Liegt der Grundvertrag im Anwendungsbereich des IFRS 9, so muss der hybride Vertrag nicht gesondert bewertet werden. In diesem Punkt ist der Unterschied zum Vorgänger klar ersichtlich, denn nach IAS 39 werden beide sowohl der Basisvertrag als auch das eingebettete Derivat gesondert behandelt. Nach der neuen Anwendung ist die Trennung nicht vorgeschrieben, wenn es sich beim Basisvertrag um einen finanziellen Vermögenswert handelt.
Befindet sich der Vertrag außerhalb des Anwendungsbereiches von IFRS-9, muss das Derivat getrennt erfasst und in der Bilanz ausgewiesen werden.
Die Bewertung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Dem Grunde nach ist es unerheblich, ob Verbindlichkeiten oder finanzielle Vermögenswerte erstmalig zu erfassen sind. In beiden Fällen ist zunächst der beizulegende Zeitwert zu dokumentieren. Passiert dies nicht und sie werden nicht erfolgswirksam vermerkt, werden direkt zurechenbare Transaktionskosten in die erstmalige Bewertung miteinbezogen.
Da der IFRS 9 die Anzahl der Klassifizierungen verringert und somit die Behandlung deutlich vereinfacht hat, gestalten sich auch die Folgebewertungen simpler. Sie werden entweder zu fortgeführten Anschaffungskosten oder zum beizulegenden Zeitwert bilanziert. Finanzielle Verbindlichkeiten werden identisch zur vorherigen Bilanz-Software übernommen. Verluste und Gewinne aus Folgebewertungen erfordern immer eine erfolgswirksame Erfassung, doch es gibt auch Ausnahmen. Liegt der ursächliche Bedarf in der Bilanzierung einer Sicherungsbeziehung (Hedge Accounting), so kommt IAS-39 zur Anwendung. Handelt es sich bei dem finanziellen Vermögenswert um ein Eigenkapitalinstrument, welches nicht zu Handelszwecken dient, kann der beizulegende Zeitwert unter dem sonstigen Gesamtergebnis ausgewiesen werden. Verändert sich das Kreditrisiko, so können die Unterschiede in der Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung des beizulegenden Zeitwertes ausgewiesen werden.
Praxisimplikationen zum Hedge Accounting
Aufgrund der weniger strikten und quantitativ geringeren Prüfungsanforderungen bieten sich im Hedging wesentlich breitere Spektren in der Dokumentation von Sicherungsgeschäften. Eine willkommene Änderung für Unternehmen, die aber dennoch eine Aktualisierung der Dokumentation vornehmen müssen. Erforderlich sind im Wesentlichen einfache Anpassungen, die eine qualitative Analyse erleichtern. Sie müssen jetzt enger an die Risikomanagement-Aktivitäten angepasst werden. Die Fähigkeit Nettopositionen abzusichern, ist ebenfalls ein positiver Aspekt von IFRS-9. Hervorzuheben ist dabei die absolute Flexibilität in der Absicherung von Hedge-Beziehungen unter Berücksichtigung der Risikokomponenten nicht finanzieller Posten.
Betrachtet man das neue Regelwerk hinsichtlich der Veränderungen zur alten Anwendung IAS-39, so fällt auf, dass die Anforderungen weit weniger restriktiv erscheinen. Dadurch wird nicht zuletzt die bilanzielle Abbildung des ökonomischen Risikomanagements erleichtert und die artifizielle Volatilität in der GuV verringert oder gar vollständig vermieden.
Die Erweiterung des Kreises zulässiger Grundgeschäfte und einige Veränderungen hinsichtlich der Buchungslogik für konkrete nicht designierte Wertkomponenten von Sicherungsinstrumenten gelten neben dem Wegfall von fix vorgegebenen Effektivitätsbandbreiten und des Effektivitätstests zu den wichtigsten Neuerungen. Trotz der Ausweitung bezüglich der Dokumentationsanforderungen und verpflichtender Offenlegungen sind die globalen Annäherungen an das Risikomanagement unübersehbar.
Die stärkere Bindung an das finanztechnische Instrument der Risikobewertung und die damit verbundene Möglichkeit Ziele einfacher implementieren zu können, werden in den neuen IFRS 9 Standards deutlich. Die bilanzielle Abbildung von Sicherungsbeziehungen wird im Wesentlichen erleichtert durch den Wegfall der einzuhaltenden Effektivitätsbandbreiten von 80 bis 125 Prozent, der Streichung von Homogenitätstests bei der Designation von Gruppen im Form eines Grundgeschäftes und der geschaffenen Pflicht zur Rekalibrierung.
Im Bereich der Sicherungsbeziehungen sind die bedeutendsten Anpassungen vorzufinden. Ziel ist es, die Umsetzung einer Vereinheitlichung der Buchführung und des Riskmanagements anzustreben. In Zukunft soll nämlich Letzteres im Rechnungswesen eine in der Risikoprüfung akzeptierte Absicherung in der Bilanzierung abbilden. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Vereinfachung des „Hedge Effectiveness Test“. Der Wirksamkeitstest ermöglicht die Absicherung von Komponenten und aggregierten Exposures.
Frühzeitige Erfassung von Wertminderungen
Im internationalen Ringen um einheitliche Regelungen ermöglicht IFRS 9 eine weitere wesentliche Änderung. Seine Umsetzung soll Wertminderungen frühzeitig zulassen, deshalb befand das IASB von seinem bisherigen Incurred-Loss-Modell in ein Expected-Loss-Modell überzugehen.
Die aktuelle Anwendung erlaubt es Unternehmen ein einfaches Verfahren zur Berechnung und Erfassung von Wertminderungen auf kurzfristige Forderungen aus Leistungen und Lieferungen, welche keine Finanzierungskomponenten enthalten, anzuwenden. Tatsächlich werden unter IFRS 9 keine Indikatoren zur Wertminderung bereitgestellt und keine Firma muss eine Wertberichtigung mehr rechtfertigen. Vielmehr finden am Tag der Bilanzerstellung statistische Erfahrungswerte ihre Anwendung.
Hat ein Unternehmen nicht genügend historische Daten gesammelt, stellt sich allerdings die Frage, wie wird die Ausfallrate berechnet und wie kann ein intelligentes Element für zukünftige Entwicklungen integriert werden? Welche möglichen Ausweichszenarien ermöglicht die Software, wenn keine Dokumentationen zur Verfügung stehen?
Oftmals sind Betriebe überrascht zu hören, dass auch auf Investitionen in Staatsanleihen oder Bankguthaben eine zu erwartende Wertminderung mit einkalkuliert werden muss. Im Markt weisen spezielle Kennzahlen darauf hin, ob und in welcher Höhe eine Ausfallwahrscheinlichkeit dieser Forderungen besteht.
Praktische Einblicke in Richtung IFRS 9
Auch wenn der International Financial Reporting Standard ab dem 01.01.2018 Gültigkeit hat, liegt der Schwerpunkt in der korrekten Implementierung der Anforderungen. Wichtig dabei ist die Kategorisierung der unterschiedlichen Finanzinstrumente, die Abschätzung der Verluste und angenommenen Verluste und die richtige Umsetzung der Vermögensgruppierungen. Dazu zählt auch die Beurteilung von maßgeblichen Erhöhungen der Kreditverluste, bei gleichzeitiger Definition des niedrigen Kreditrisikos. Ihre Gesamtheit gilt es zu bewerten, um im Anschluss resultierende Effekte erkennen zu können.
Vorschläge zur Umsetzung mag es unterdessen viele geben, doch wenn alle bestehenden Verträge zusammengefasst werden, sind die geltenden Regelungen besser zu beurteilen und eine primäre Entscheidung über die Kategorisierung der Gruppen einfacher zu treffen. Weiters sollten zukünftige Darlehnsbedürfnisse und geltende Vereinbarungen überprüft werden. Haben sie die Tragweite, von der neuen Norm beeinflusst zu werden?
Gelingt die reibungslose bilanztechnische Übertragung aller inhaltlich relevanten Dokumentationen, werden Bewertungen und Kategorisierungen richtig vorgenommen und herrscht am Ende die klare Durchsicht und keine Verwirrung – dann hat Ihr Unternehmen in der Übergangsphase alles Richtig gemacht. Speziell konfigurierte und automatisierte Software-Lösungen zur Datenspeicherung, Buchung, Berechnung und dem Reporting sorgen im Nachhinein für sehr benutzerfreundliches Anwendungspotenzial.
Eine Kombination aus Stage Transfer zum notwendigen Bilanzstichtag, SPPi-Tests und einer Stage Allocation ermöglichen dem Nutzer die Kalkulation des Kreditverlustrisikos auf Basis des Unternehmens und seinem abhängigen Cashflow. Das Datenpaket gewährt eine exakte Definition der aktuellen Kredithöhe im Moment des Ausfalls.
IAS-39 vs IFRS 9
Der neue International Financial Reporting Standard setzt seine Prioritäten vermehrt auf Prinzipien und weniger auf Einzelvorgaben. In der Praxis stellen sich jedoch viele Auslegungsfragen, für deren einheitliche Vorgehensweise noch keine reale Bilanzierungspraxis Antworten liefern kann. In der Erstanwendung seit Januar 2018 sind die Folgeänderungen zu IFRS 7 notwendig, jedoch ist die gesamte rechtliche Übereinstimmung mit dem EU-Recht noch in der Beurteilung der EU-Kommission ausständig. Das EU-Endorsement-Verfahren hat zwar bereits begonnen, wurde jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.
Das neue Klassifizierungsmodell verspricht eine einfachere Handhabung und Vorteile für Unternehmen. So werden strukturierte finanzielle Vermögenswerte als Ganzes klassifiziert. Zusätzliche Nebenabreden und eventuell eingebettete Derivate werden hingegen mit eigenen Benchmark-Tests auf ihre Zahlungsströme hin überprüft. Allerdings ist die Kategorisierung der passiven Positionen im Vergleich zum IAS-39 weitgehend unverändert. Zwingend ist jedoch die Berücksichtigung des eignen Kreditrisikos im sonstigen Ergebnis unter der Verwendung der Fair Value Option.
Die neuen Indikatoren und eine stärkere Prinzipienorientierung des IFRS 9 gewähren Auslegungsspielräume und bilden zugleich wesentliche Herausforderungen in puncto Implementierung. Beispielsweise führen Wesentlichkeitsbeurteilungen und Ermessensentscheidungen bei der Fixierung des Geschäftsmodells sowie der Klassifizierungsentscheidung zu individuellen Entscheidungen. Die gesamte Anpassung digitaler Technologien und des IT-Systems ermöglichen die automatische Ableitung einzelner Prozesse und sorgen für die erweiterte Bereitstellung von Produktinformationen innerhalb der Einordnungsentscheidung.
Die erhöhte Dokumentationsanforderung im Zuge der Kategorisierung fordert systemunterstützende Technologien. Zahlreiche geschäftspolitische Entscheidungen hinsichtlich der Anpassung aktueller Vertragsgestaltungen müssen überprüft werden. Ziel ist es, eine hohe Volatilität im Ergebnis zu vermeiden.
Mit dem neuen Wertminderungskonzept und dessen Anwendungsbereiche ergeben sich eine Vielzahl an Herausforderungen. Der Wechsel des Modells führt im Wesentlichen zu Ermessensentscheidungen bei der Festlegung eines relativen Transferkriteriums und seiner laufzeitabhängigen Kalkulationsparameter.
Der vergleichsweise hohe Anpassungsbedarf bei bestehenden IT-Systemen sowie die erweiterten Angabepflichten und Dokumentationsbedürfnisse dürften einige Unternehmen zu essenziellen Umstrukturierungen gezwungen haben. Außerdem sorgt die höhere Risikovorsorgevolatilität für erschwerte Bedingungen bei der Finanz- und Kapitalplanung.
Neben Sonderregelungen für bestimmte finanzielle Vermögenswerte gelten vereinfachte Anwendungen für Handelsforderungen sowie Leasingverträge. Abweichende Vorschriften sind bei schon vor dem Zugang wertgeminderten finanziellen Vermögenswerten zu berücksichtigen.
IFRS 9 Finanzinstrumente – Unternehmen sind gefordert
Bereits vor seiner Einführung war klar, dass es sich nicht um eine spezifische Anwendung handelt, sondern von einem breiten Spektrum an Unternehmen anzuwenden ist. Im Gegensatz zu den tief greifenden Neuerungen bei Versicherungen und Banken handelt es sich bei Unternehmen in der Rechnungslegung nicht um einen Meilenstein der Buchhaltung. Doch bei genauerer Betrachtungsweise liegen die Tücken eher im Detail und für laufende Implementierungsfragen scheinen immer mehr Fragen auf.
So beeinflusst das Konzept des zu erwartenden Verlustes weniger die Theorie, wohl eher die Praxis. Denn was im Regelwerk anschaulich und einfach erklärt wird, wirft in der Realität ein paar Fragen auf. Wie legt ein Unternehmen die Ausfallrate fest? Existieren bereits genügend Daten im eigenen Betrieb oder müssen Marktdaten zugekauft werden?
Während das IASB innerhalb weniger Jahre gleich drei essenziell wichtige Regelwerke veröffentlicht hat und deren Anwendung gewichtige Folgen für die Unternehmen bereithält, sorgen die Financial Instruments des IFRS-9 auf den ersten Blick nicht für bahnbrechende Auswirkungen in der Erfolgsrechnung und Bilanz. Doch wie so oft, steckt die Tücke im Detail und die tatsächlichen Herausforderungen müssen in den nächsten Monaten geklärt werden.
Die Milliarden Investitionen einer gesamten Branche
Während der IASB seine größten Bemühungen in die Vereinfachung der Rechnungslegung für Finanzinstrumente legte und eine frühzeitige Bildung von Wertberichtigungen geschickt durch Krisen helfen soll, existieren noch ein paar weitere wesentliche Änderungen. Alle Bewertungen und Einteilungen in Kategorien erfolgen zukünftig nicht mehr separat, sondern werden im IFRS 9 direkt an das Geschäftsmodell gekoppelt. Zwar sind die Klassen ähnlich in ihrer Definition wie unter IAS-39, doch sollen die Wertberichtigungen nach dem zu erwartenden Verlust erfasst werden.
Bereits unmittelbar beim Entstehen oder dem Erwerb des Vermögenswertes soll die Korrektur durchgeführt werden und nicht erst, wenn der Verlust tatsächlich eintritt. Durch die frühzeitige Erfassung erhofft sich die gesamte Finanzwelt, Industrien und Gewerke im Falle einer Krise gestärkt stabil agieren zu können. Gerade die Banken lassen sich die Umrüstung hohe Summen kosten, denn für ihre IT-Architektur ist eine vollständige Überarbeitung notwendig. Doch wie bei Unternehmen auch herrscht Unmut über den neuen Bilanzierungsstandard und seine Umsetzungskosten. Die heiße Phase der Implementierung ist zwar schon vorbei, doch die Höhe der Kosten richtet sich nicht selten nach der eigentlichen Größe des Instituts. Budgetierungen zum Trotz, die Realisierung musste mit einem Millionenaufwand gestemmt und die radikalen Veränderungen in der Komplexität der Prozesse integriert werden. Letztendlich stiegen die Gesamtkosten für internationale Unternehmen und Banken weit mehr, als diese im Vorfeld kalkuliert wurden. Die hohen Anforderungen Risiko- und Finanzsysteme zu vereinen und nicht wie viele Jahrzehnte üblich getrennt voneinander zu bedienen, war nach bisherigen Bilanzierungsregeln des IAS-39 kein Problem.
Um mit den neuen Bedingungen der Risikoklassifizierung konform zu gehen, müssen allerdings beide Datensätze zusammengeführt werden. Zusätzliche Kosten verursachen auch die Impairments, da sie wesentlich früher ausgewiesen werden müssen als früher.
IFRS 9 Finanzinstrumente wurde nicht speziell für die Industrie entwickelt, sondern wird von Finanzinstituten, Industrie und Unternehmen gleichermaßen angewendet. Bei dessen Anpassung fokussierte sich das IASB auf die großen Darlehens- und Hypothekenportfolios der Banken. Im Bereich der unterschiedlichen Kategorien und Klassen scheint es im Vergleich zum Vorgänger IAS-39 keine großen Veränderungen zu geben. Dennoch sind detaillierte Analysen des jeweiligen Geschäftsmodells notwendig. So sollten unter anderem dokumentiert werden, wie Obligationen-Portfolios überwacht und verwaltet werden können und wie im Anschluss daran die Performance-Messung erfolgt. Hinlänglich bekannt ist, dass die Identifizierung von Leistungen und Forderungen aus Lieferungen sowie Leistungen, die dem Factoring unterliegen, zu bewerten sind. Doch wie diese zu erfassen und zu klassifizieren sind, unterliegt wiederum dem Geschäftsmodell.
Etwas größer scheint die Hürde in der Neuerung des Wertminderungsmodells zu sein. Obwohl vom IASB einige Erleichterungen integriert wurden, fehlen einer großen Zahl an Unternehmen die Informationen zu historischen Ausfallereignissen bei Forderungen aus Leistungen und Lieferungen. Prognosen über die zukünftigen wirtschaftlichen Verhältnisse in die Kalkulation der Wertminderung berücksichtigen zu müssen, sorgt bei allen Institutionen, Unternehmen und Branchen für Unverständnis. Dies gilt ebenso für die Aufforderung des IASB bei Bankguthaben eine Wertminderung bestimmen zu müssen. In Bezug auf die Sicherungsbeziehungen sind jedenfalls einige Neuerungen nennenswert zu erwähnen, die durchaus das Potenzial für eine versöhnliche Annäherung an die neuen Standardregelungen mit sich bringen könnten. Endlich erfährt das Hedge-Accounting eine unmittelbare Abstimmung mit dem Risikomanagement. Das wird hoffentlich dazu führen, dass bisherige Mismatches zukünftig mit der Absicherung von unterschiedlichen Risikokomponenten und bei Eigenverbrauchsverträge verhindert werden können. Auf jeden Fall positiv auswirken wird sich die Software aufgrund der deutlichen Reduktion von Verwaltungskosten.
Die ohnedies attraktive Möglichkeit zur digitalen Umstellung ganzer Unternehmensabteilungen verspricht an dieser Stelle das einzig realistische Einsparungspotenzial zu generieren. In Zukunft sollen zudem qualitative Wirksamkeitstests durchgeführt werden. Ihre Basis liegt in der einheitlichen Kommunikation aller Einzelkomponenten, denn sind die Bedingungen und Konditionen für das Sicherungsinstrument und das Grundgeschäft identisch, liefert das Ergebnis verlässliche Zahlen in der Abbildung. Das neue Modell bietet ohne jeden Zweifel Vorteile, denn dem Mitbewerber einen Schritt voraus zu sein, bedeutet in schnelllebigen Zeiten eine optimale Voraussetzung zu schaffen. Wirtschaftlicher Erfolg 4.0, Wissensvorsprung und das richtige Knowhow – von allen Komponenten profitieren Anwender und gesamte Unternehmenszweige. Vor allem die schwer überbrückbaren Phasen in Krisen waren Antrieb und Motor des IASB diese Standardregelungen international auf den Weg zu bringen. Als lehrreich erwiesen sich die teuren Fehler der vergangenen Jahrzehnte an den Finanzmärkten und noch drastischer wurden die Erkenntnisse kurz vor dem globalen Finanzkollaps. Mit IFRS 9 sollen frühzeitig Puffer erschaffen werden, um im Extremfall die Konsequenzen aus misslungenen Geschäften selbst tragen zu können.