Eine Aufbewahrung von Tagessummen-Belegen mit Einzelaufzeichnung der Erlöse und Summenbildung kann, sofern im Betrieb keine weiteren Ursprungsaufzeichnungen angefallen sind, in Fällen der Einnahmen-Ăśberschuss-Rechnung und Verwendung einer offenen Ladenkasse bei Anlegung des im Eilverfahren gebotenen summarischen PrĂĽfungsmaĂźstabs den formellen Anforderungen an die Aufzeichnungen genĂĽgen. Die Rechtsprechung, wonach Einzelaufzeichnungen der Erlöse in bestimmten Fällen aus ZumutbarkeitsgrĂĽnden nicht gefĂĽhrt werden mĂĽssen, ist nicht auf Einzelhändler beschränkt, sondern kann auch auf Klein-Dienstleister anwendbar sein (BFH, Beschluss vom 12.07.2017 - X B 16/17; veröffentlicht am 02.08.2017).  Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Antragsteller erzielte in den Streitjahren 2008 bis 2010 gewerbliche EinkĂĽnfte aus einer Gaststätte, deren Gewinn er durch Einnahmen-Ăśberschuss-Rechnung ermittelte. Nahezu sämtliche Betriebseinnahmen fielen in Form von Bargeld an, das der Antragsteller in einer offenen Ladenkasse vereinnahmte. Die Einnahmen stammten neben dem laufenden Gaststättenbetrieb noch aus Veranstaltungen (Familienfeiern, Buffets) sowie der Beteiligung am einmal jährlich stattfindenden dreitägigen örtlichen Volksfest. Die Einnahmen aus dem laufenden Gaststättenbetrieb notierte der Antragsteller getrennt je Kassiervorgang auf einem Zettel. Durch Summenbildung ermittelte er die Tageseinnahmen und schloss die Summe mit seinem Namenszeichen ab. Die Tageseinnahmen-Zettel enthalten das jeweilige Datum, ansonsten aber kein Ordnungskriterium. Das FA fĂĽhrte beim Antragsteller eine AuĂźenprĂĽfung fĂĽr die Streitjahre durch, in deren Verlauf es zu der Einschätzung kam, die KassenfĂĽhrung sei nicht ordnungsgemäß. Der PrĂĽfer ermittelte die Höhe der Hinzuschätzung mittels der sog. „Quantilsschätzung“. Der Antragsteller hält seine Aufzeichnungen im Wesentlichen fĂĽr ordnungsgemäß und bringt Einwendungen gegen die Richtigkeit der Quantilsschätzung vor. Hierzu fĂĽhrte der BFH weiter aus:
  • Ob die Voraussetzungen fĂĽr eine Schätzung erfĂĽllt sind, ist fĂĽr die drei Bereiche, in denen der Antragsteller seine Bareinnahmen erzielt, differenziert zu betrachten. Danach können bei der summarischen Betrachtung und beim derzeitigen noch sehr unvollständigen Stand der Sachaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten ernstliche Zweifel am Bestehen einer Schätzungsbefugnis hinsichtlich der Einnahmen aus dem laufenden Gaststättenbetrieb nicht ausgeschlossen werden. DemgegenĂĽber bestehen hinsichtlich der Einnahmen aus dem Volksfest und den Veranstaltungen keine ernstlichen Zweifel an der Schätzungsbefugnis.
  • Der Antragsteller hat tatsächlich Einzelaufzeichnungen zumindest ĂĽber die vereinnahmten Geldbeträge aus dem Gaststättenbetrieb gefĂĽhrt. Seine Behauptung, weitere Uraufzeichnungen seien niemals erstellt worden und daher auch nicht aufbewahrungspflichtig, ist vom FA bisher nicht widerlegt worden.
  • Selbst wenn eine grundsätzliche Einzelaufzeichnungspflicht bestĂĽnde, könnte der Antragsteller sich fĂĽr das Unterbleiben von Aufzeichnungen zu den Namen der Kunden und den jeweils zur VerfĂĽgung gestellten Speisen und Getränken aber auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus ZumutbarkeitsgrĂĽnden gewährten Erleichterungen berufen. Die Rechtsprechung hat die gewährten Erleichterungen niemals ausdrĂĽcklich auf Warenlieferanten beschränkt, sondern stets aus dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgeleitet. Insoweit kann aber bei Klein-Dienstleistern dieselbe Interessenlage bestehen wie bei kleinen Warenlieferanten.
  • In Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ăśberschuss-Rechnung ergibt sich auch aus den Vorschriften des § 22 UStG und des § 63 UStDV keine Pflicht zur FĂĽhrung eines Kassenbuchs. In der Literatur wird daher das als „Schuhkarton-BuchfĂĽhrung“ bezeichnete Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen, verbunden mit einer regelmäßigen Summenziehung, fĂĽr ausreichend gehalten.
  • Damit erfĂĽllen die Aufzeichnungen des Antragstellers die dargestellten Rechtsprechungsvorgaben. Der Antragsteller hat seine Erlöse betragsmäßig einzeln aufgezeichnet. Das Anbringen des Tagesdatums stellt zumindest ein mögliches Ordnungskriterium dar, so dass auch die Forderung nach einer „geordneten Belegablage“ erfĂĽllt ist.
  • Hinsichtlich der auf dem Volksfest erzielten Erlöse genĂĽgen die Aufzeichnungen des Antragstellers hingegen auch bei summarischer Betrachtung nicht den geltenden Anforderungen. Der Antragsteller hat insoweit lediglich die Einnahmen eines gesamten Tages in einer Summe notiert.
  • Zwar war der Antragsteller auch hinsichtlich seiner Einnahmen aus dem Volksfest von der Pflicht befreit, Einzelaufzeichnungen zu fĂĽhren. Da er keine weiteren Ursprungsaufzeichnungen gefĂĽhrt hat, hätte er dann aber die Tageseinnahmen durch tatsächliches Auszählen ermitteln und dies in einem Kassenbericht dokumentieren mĂĽssen. Dies ist nicht geschehen, so dass die Aufzeichnungen in Bezug auf die beim Volksfest erzielten Erlöse formell nicht ordnungsgemäß sind.
  • Gleiches gilt in Bezug auf die Einnahmen des Antragstellers aus den Veranstaltungen.
Hinweis: Ob die bisherigen Rechtsprechungsvorgaben an die Form und den Inhalt von Aufzeichnungen in Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung und der Verwendung einer offenen Ladenkasse unzureichend sind und daher noch für die Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 22.12.2016 einer Verschärfung bedürften, war in diesem Eilverfahren nicht zu entscheiden. Quelle: BFH, Urteil vom 12.07.2017 - X B 16/17; NWB Datenbank (Sc)Hauptbezug: BFH, Urteil vom 12.07.2017 - X B 16/17, NWB DokID: PAAAG-52009 Verwandte Artikel:
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