- Ob die Voraussetzungen für eine Schätzung erfüllt sind, ist für die drei Bereiche, in denen der Antragsteller seine Bareinnahmen erzielt, differenziert zu betrachten. Danach können bei der summarischen Betrachtung und beim derzeitigen noch sehr unvollständigen Stand der Sachaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten ernstliche Zweifel am Bestehen einer Schätzungsbefugnis hinsichtlich der Einnahmen aus dem laufenden Gaststättenbetrieb nicht ausgeschlossen werden. Demgegenüber bestehen hinsichtlich der Einnahmen aus dem Volksfest und den Veranstaltungen keine ernstlichen Zweifel an der Schätzungsbefugnis.
- Der Antragsteller hat tatsächlich Einzelaufzeichnungen zumindest über die vereinnahmten Geldbeträge aus dem Gaststättenbetrieb geführt. Seine Behauptung, weitere Uraufzeichnungen seien niemals erstellt worden und daher auch nicht aufbewahrungspflichtig, ist vom FA bisher nicht widerlegt worden.
- Selbst wenn eine grundsätzliche Einzelaufzeichnungspflicht bestünde, könnte der Antragsteller sich für das Unterbleiben von Aufzeichnungen zu den Namen der Kunden und den jeweils zur Verfügung gestellten Speisen und Getränken aber auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus Zumutbarkeitsgründen gewährten Erleichterungen berufen. Die Rechtsprechung hat die gewährten Erleichterungen niemals ausdrücklich auf Warenlieferanten beschränkt, sondern stets aus dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgeleitet. Insoweit kann aber bei Klein-Dienstleistern dieselbe Interessenlage bestehen wie bei kleinen Warenlieferanten.
- In Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ergibt sich auch aus den Vorschriften des § 22 UStG und des § 63 UStDV keine Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs. In der Literatur wird daher das als „Schuhkarton-Buchführung“ bezeichnete Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen, verbunden mit einer regelmäßigen Summenziehung, für ausreichend gehalten.
- Damit erfüllen die Aufzeichnungen des Antragstellers die dargestellten Rechtsprechungsvorgaben. Der Antragsteller hat seine Erlöse betragsmäßig einzeln aufgezeichnet. Das Anbringen des Tagesdatums stellt zumindest ein mögliches Ordnungskriterium dar, so dass auch die Forderung nach einer „geordneten Belegablage“ erfüllt ist.
- Hinsichtlich der auf dem Volksfest erzielten Erlöse genügen die Aufzeichnungen des Antragstellers hingegen auch bei summarischer Betrachtung nicht den geltenden Anforderungen. Der Antragsteller hat insoweit lediglich die Einnahmen eines gesamten Tages in einer Summe notiert.
- Zwar war der Antragsteller auch hinsichtlich seiner Einnahmen aus dem Volksfest von der Pflicht befreit, Einzelaufzeichnungen zu führen. Da er keine weiteren Ursprungsaufzeichnungen geführt hat, hätte er dann aber die Tageseinnahmen durch tatsächliches Auszählen ermitteln und dies in einem Kassenbericht dokumentieren müssen. Dies ist nicht geschehen, so dass die Aufzeichnungen in Bezug auf die beim Volksfest erzielten Erlöse formell nicht ordnungsgemäß sind.
- Gleiches gilt in Bezug auf die Einnahmen des Antragstellers aus den Veranstaltungen.
- Hülshoff/Wied, Einzelaufzeichnungspflichten bei Bargeschäften, NWB 28/2017 S. 2094, NWB DokID: BAAAG-48821
- Geuenich, Digitale Kassensysteme: Verschärfte Compliance-Anforderungen ab 2020, NWB 11/2017 S. 786, NWB DokID: YAAAG-39186
- Kassenführung 2017 – Checklisten, Mandantenmerkblätter und Fachbeiträge, BBK Online-Beitrag, NWB DokID: MAAAE-41389
- Teutemacher, Kassenführung bei Nutzung einer „offenen Ladenkasse“ ab 2017, BBK 24/2016 S. 1197, NWB DokID: VAAAF-88124
- Merkblatt zur KassenbuchfĂĽhrung, NWB 47/2016 S. 3514, NWB DokID: VAAAF-86381
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