Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger betrieb im Streitjahr einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Zu diesem Betrieb, den er zum 01.07.2006 von seinen Eltern unentgeltlich übernommen hatte, gehörte eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG aus der Veräußerung eines Grundstücks im Wirtschaftsjahr 2005/2006. Außerdem beteiligte sich der Kläger am 15.06.2010 als Kommanditist zu 50 % an einer ungarischen KG. Diese erwarb am 24.06.2010 ein landwirtschaftliches Grundstück. Im Wirtschaftsjahr 2009/2010 übertrug der Kläger 900 € aus der noch mit 160.400 € in der Bilanz ausgewiesenen Rücklage auf das Grundstück in Ungarn. 158.400 € zog er von den Anschaffungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter i.S. des § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG einer inländischen Betriebsstätte ab. Den restlichen Betrag der Rücklage in Höhe von 1.100 € löste er gewinnerhöhend auf. Das FA folgte dieser Sachbehandlung bezüglich des Grundstücks in Ungarn nicht und löste die Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG in Höhe von 900 € zum 30.06.2010 erfolgswirksam und unter Berücksichtigung eines Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG auf. Es war der Auffassung, die Voraussetzung des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG sei nicht erfüllt, da das Grundstück in Ungarn nicht zu einer inländischen Betriebsstätte des Klägers gehöre. Das FG gab der Klage statt. Hierzu führte der BFH weiter aus:
- Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die gewinnerhöhende Auflösung der § 6b-Rücklage in Höhe von 900 € durch Bildung eines passiven Postens auszugleichen sei.
- Der Reinvestitionszeitraum von vier Jahren endete mit Ablauf des 30.06.2010, ohne dass der Kläger hinsichtlich des Betrags von 900 € nach § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG begünstigte Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt hatte, die zu einer ihm zuzurechnenden Betriebsstätte im Inland gehörten. Das Grundstück in Ungarn, das ihm bei Anwendung des § 6b EStG grundsätzlich entsprechend seiner Beteiligungsquote anteilig zuzurechnen war, diente dem Betrieb der ungarischen KG und war damit keiner inländischen Betriebsstätte des Klägers zuzuordnen.
- Da weder § 6b EStG noch eine andere Vorschrift bei Reinvestitionen in eine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen innerhalb der EU die Bildung eines passiven Ausgleichspostens vorsieht, war der Betrag von 900 € zum 30.06.2010 gewinnwirksam aufzulösen und zur Hälfte bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Streitjahr zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG).
- Der Kläger hat demnach auch nach § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 weder einen Anspruch darauf, dass er die § 6b-Rücklage gewinnmindernd von den Anschaffungskosten des ihm anteilig zuzurechnenden Grundstücks in Ungarn abziehen kann, noch ermöglicht die Vorschrift die Bildung eines passiven Ausgleichspostens. § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 vermittelt vielmehr nur einen Anspruch auf zinslose Stundung (§ 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 i.V.m. § 36 Abs. 5 Satz 3 EStG) der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer.
- Micker/Schwarz, Ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen, IWB 12/2017 S. 448, NWB DokID: FAAAG-48302
- Kanzler, Umsetzung der EuGH-Entscheidung zum Inlandsbezug des § 6b EStG durch das StÄndG 2015, NWB 51/2015 S. 3814, NWB DokID: VAAAF-17553
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