Hintergrund: § 4 Abs. 3 S. 4 EStG bestimmt, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Sachverhalt: Die Klägerin (GmbH & Co. KG), deren Gesellschaftszweck der Aufbau, die Verwaltung sowie die Nutzung eines Portfolios aus Edelmetallen, Rohstoffen und Wertpapieren ist, erwarb 2007 bzw. 2008 allokierte Goldbarren. Der gesamte im Jahr 2008 angeschaffte Goldbestand wurde am 17.02.2010 an eine schweizerische Bank, wo das Gold auch eingelagert war, mit einem Veräußerungserlös veräußert. Für 2007 und 2008 machte die Klägerin einen Verlust geltend. Das FA kam zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten Verluste nicht anzuerkennen seien. Die angeschafften Goldbestände gehörten zum Umlaufvermögen und die Anschaffungskosten stellten nach der vorgenommenen Einnahme-Überschuss-Rechnung sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Abweichend hiervon seien jedoch gem. § 4 Abs. 3 S. 4 EStG die Anschaffungskosten für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Hierzu führt das FG Hessen weiter aus:
- Das erworbene Gold ist kein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens im Sinne der genannten Norm; denn nach § 247 Abs. 2 HGB sind beim Anlagevermögen nur Gegenstände auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Im Gegenschluss zählen zum Umlaufvermögen diejenigen Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter), die entweder zum Verbrauch oder zur sofortigen Veräußerung bereitgehalten werden.
- Maßgeblich für die Zuordnung zum Anlagevermögen ist grundsätzlich die Funktion und wirtschaftliche Bedeutung, die dem Vermögen innerhalb des Betriebsorganismus zufällt. Es kommt für die Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen auf die Zweckbestimmung an, mit der ein Wirtschaftsgut im Betrieb eingesetzt wird.
- Ausweislich des Gesellschaftszwecks der Gesellschaft, nämlich Aufbau, Verwaltung und Nutzung eines Portfolios aus Edelmetallen, Rohstoffen und Wertpapieren, was auch den Erwerb und Verkauf von Edelmetallen beinhaltet, war keine dauernde Nutzung des Goldes für den Gesellschaftszweck beabsichtigt, so dass Umlaufvermögen vorlag.
- Es handelt sich bei dem Gold auch nicht um Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte im Sinne des § 4 Abs. 3 S. 4 EStG. Es muss sich hierfür um eine Rechtsposition oder um eine Forderung handeln. Anders gestaltet sich die vorliegende Konstellation; denn bei dem Gold handelt es sich um ein körperliches Wirtschaftsgut, das bei einer Bank eingelagert ist.
- Dass die Bank unmittelbarer Besitzer, der Steuerpflichtiger mittelbarer Besitzer ist, ändert hieran nichts. Der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer nach § 985 BGB stellt jedoch keine einem Wertpapier vergleichbare Forderung dar. Das Wirtschaftsgut, für das die Anschaffungskosten angefallen sind, ist das Gold als körperliches Wirtschaftsgut und nicht der Herausgabeanspruch. Das Eigentum an einem Wirtschaftsgut ist somit nicht mit einem Wertpapier vergleichbar.
- Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass auch der Gesetzgeber Edelmetalle bewusst nicht in § 4 Abs. 3 S. 4 EStG einbezogen hat und auch in Kenntnis der Problematik bewusst nicht einbeziehen wollte.
Ass. jur. Andreas Illi (v.i.S.d.P.)
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