- Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung hatte der BFH zunächst entschieden, dass Schuldzinsen für ein zur Anschaffung eines Mietobjekts aufgenommenes Darlehen auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden können, wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeit ausreicht (BFH, Urteil v. 20.6.2012 - IX R 67/10; BStBl 2013 II S. 275).
- Den Abzug von nachträglichen Schuldzinsen im Falle der nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie hat der BFH später für den Fall bejaht, dass der Grundsatz des Vorranges der Schuldentilgung beachtet wurde (BFH, Urteil v. 8.4.2014 - IX R 45/13).
- Des Weiteren hat der BFH einen Schuldzinsenabzug verneint, sofern die Absicht des Steuerpflichtigen zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung bereits vor der Veräußerung des Mietobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist (BFH, Urteil v. 21.1.2014 - IX R 37/12).
- Schließlich hat der BFH klargestellt, dass die für die vorzeitige Ablösung seiner Darlehensschuld zwecks lastenfreier Veräußerung seines Mietobjekts zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung auch dann nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten abgezogen werden kann, wenn der Veräußerungsvorgang nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist. Seine bisherige Rechtsprechung, wonach in Veräußerungsfällen wegen Beurteilung der Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines neu erworbenen Mietobjekts ausnahmsweise ein Werbungskostenabzug für zulässig erachtet wurde, gab der BFH mit dieser Entscheidung ausdrücklich auf (BFH, Urteil v. 11.2.2014 - IX R 42/13).
- Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie dienten, können nach deren Veräußerung weiter als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).
- Voraussetzung ist, dass die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist.
- Es ist für den Werbungskostenabzug unmaßgeblich, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt und gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist.
- Eine Vorfälligkeitsentschädigung stellt keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern Veräußerungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 23 Abs. 3 i.V. mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar.
- Diese bisherigen anderslautenden Rechtsgrundsätze sind letztmals auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 27.7.2015 rechtswirksam abgeschlossen wurde.
- Hilbertz, Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 6/2014 S. 328, NWB DokID: KAAAE-54095
RA, Dipl.-Finanzwirt (FH) Thomas Egle (v.i.S.d.P.)
Ass. jur. Andreas Illi
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