Der gewerblichen Prägung einer "Einheits-GmbH & Co. KG" steht nicht entgegen, dass der im Grundsatz allein geschäftsfĂĽhrungsbefugten Komplementärin im Gesellschaftsvertrag der KG die GeschäftsfĂĽhrungsbefugnis betreffend die AusĂĽbung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und diese auf die Kommanditisten ĂĽbertragen wird (BFH, Urteil vom 13.07.2017 - IV R 42/14; veröffentlicht am 13.09.2017). 
Hintergrund: Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S. des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). Entfällt eine dieser Voraussetzungen, führt dieser Rechtsvorgang zu einer Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG. Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren Geschäftszweck die Verwaltung von Immobilien und sonstigen Vermögenswerten ist. Ihre drei Kommanditisten, die zugleich Anteilseigner der Komplementär-GmbH waren, brachten sämtliche GmbH-Anteile in die Klägerin ein, so dass eine sog. Einheits-GmbH & Co. KG entstand. Im zeitgleich neu gefassten Gesellschaftsvertrag wurde geregelt, dass zwar die GmbH zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin berufen war. Soweit es jedoch um die Wahrnehmung der Rechte aus den Gesellschaftsanteilen an der GmbH selbst geht, sollten abweichend hiervon die Kommanditisten die Geschäftsführung und Vertretung übernehmen. Das FA ging davon aus, dass die KG aufgrund der im geänderten Gesellschaftsvertrag enthaltenen Regelungen zur Geschäftsführung ihre gewerbliche Prägung verloren habe, was zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung stiller Reserven führe. Im Hinblick auf die Übertragung der Kommanditanteile sei aus demselben Grund die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG nicht zu gewähren. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Die Klägerin hat ihren Gewerbebetrieb nicht im Februar 2008 aufgegeben, sondern auch nach diesem Zeitpunkt weiterhin die Voraussetzungen fĂĽr einen Gewerbebetrieb kraft Fiktion nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfĂĽllt.
  • Nach den dispositiven Regelungen in § 164, § 161 Abs. 2 und §§ 114 bis 116 HGB fĂĽhren die Komplementäre die gewöhnlichen Geschäfte der KG alleine; die Kommanditisten sind grundsätzlich von der GeschäftsfĂĽhrung ausgeschlossen. Einem Kommanditisten kann jedoch im Gesellschaftsvertrag eine organschaftliche GeschäftsfĂĽhrungsbefugnis eingeräumt werden. Die Prägewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG entfällt u.a. bereits dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der KG neben der Komplementär-GmbH weitere Kommanditisten ggf. beschränkt auf einen bestimmten Bereich geschäftsfĂĽhrungsbefugt sind.
  • Diese Grundsätze gelten auch fĂĽr eine GmbH & Co. KG. Daher greift § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG immer ein, wenn bei einer GmbH & Co. KG nur die GmbH als alleinige Komplementärin zur GeschäftsfĂĽhrung befugt ist. FĂĽr die Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist es auch unschädlich, wenn der Kommanditist zugleich GeschäftsfĂĽhrer der Komplementär-GmbH ist.
  • Bei einer "Einheits-GmbH & Co. KG" gehören MaĂźnahmen, welche allein die AusĂĽbung der Gesellschafterrechte aus oder an ihren Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH betreffen, nicht zur GeschäftsfĂĽhrung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der gewerblichen Prägung einer "Einheits-GmbH & Co. KG" steht daher nicht entgegen, wenn der im Grundsatz allein geschäftsfĂĽhrungsbefugten Komplementärin im Gesellschaftsvertrag der KG die GeschäftsfĂĽhrungsbefugnis (und Vertretungsbefugnis) betreffend die AusĂĽbung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und auf die Kommanditisten ĂĽbertragen wird.
  • Diese Voraussetzungen sind auch bei einer "Einheits-GmbH & Co. KG" gegeben, in deren Gesellschaftsvertrag den Kommanditisten die GeschäftsfĂĽhrungsbefugnis nur beschränkt auf den Bereich der AusĂĽbung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH ĂĽbertragen wird.
Quelle: BFH, Urteil vom 13.07.2017 - IV R 42/14; NWB Datenbank (Sc) Hauptbezug: BFH, Urteil vom 13.07.2017 - IV R 42/14; NWB DokID: GAAAG-56539Verwandte Artikel
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