Das Finanzgericht DĂĽsseldorf hat den Antrag eines Bauunternehmens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit der Nachbelastung von Umsatzsteuer im sog. Reverse-Charge-Verfahren abgelehnt. Mit seiner Entscheidung stellt sich das Finanzgericht DĂĽsseldorf u.a. gegen einen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, das die Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG bezweifelt (FG DĂĽsseldorf, Beschluss v. 31.8.2015 - 1 V 1486/15).Hintergrund: Nach § 176 Abs. 2 AO greift bei der Ă„nderung eines Steuerbescheids zuungunsten des Stpfl. grds. Vertrauensschutz ein, wenn ein oberster Gerichtshof des Bundes entscheidet, eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung steht nicht mit dem geltenden Recht in Einklang. Mit dem Kroatien-Steueranpassungsgesetz wurde jedoch eine Abtretungsregelung in Form des § 27 Abs. 19 UStG geschaffen, der Vertrauensschutz an dieser Stelle ausschlieĂźt. Die Finanzgerichte Berlin-Brandenburg (Az. 5 V 5026/15), MĂĽnster (Az. 15 V 2153/15 U) und Niedersachsen (Az. 16 V 95/15)  hatten diesbezĂĽglich zuletzt verfassungsrechtliche Bedenken geäuĂźert. Sachverhalt: Die Antragstellerin hatte in den Streitjahren 2009 und 2010 Bauleistungen an eine Bauträger-GmbH erbracht und diese unter Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfängerin nicht der Umsatzsteuer unterworfen. Mit Urteil v. 22.8.2013 (V R 37/10) entschied der Bundesfinanzhof jedoch – abweichend von der damaligen Auffassung der Finanzverwaltung –, dass Bauträger, die eigene GrundstĂĽcke bebauen, keine bauwerksbezogene Werklieferung erbringen und daher kein Ăśbergang der Steuerschuldnerschaft erfolgt. Vor diesem Hintergrund beantragte die Bauträger-GmbH die Erstattung der fĂĽr Bauleistungen der Antragstellerin abgefĂĽhrten Umsatzsteuer. Infolgedessen änderte das FA die gegen die Antragstellerin wirkenden (bestandskräftigen) Steuerfestsetzungen fĂĽr die Jahre 2009 und 2010 und setzte eine höhere Umsatzsteuer fest. Dabei berief es sich auf eine entsprechende (Ă„nderungs-)Bestimmung, die der Gesetzgeber als Reaktion auf das Urteil des Bundesfinanzhofs zur Vermeidung von Steuerausfällen in Altfällen in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen hat. Die Antragstellerin legte dagegen Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung; sie machte Vertrauensschutz geltend. Der Antrag hatte keinen Erfolg. Hierzu fĂĽhrte das Finanzgericht weiter aus:
  • Das Finanzgericht DĂĽsseldorf hat – jedenfalls fĂĽr Zwecke des einstweiligen Rechtsschutzes – angenommen, dass sich das Finanzamt zu Recht auf die hier einschlägige Bestimmung des Umsatzsteuergesetzes (§ 27 Abs. 19 UStG) berufen habe. Insbesondere Vertrauensschutzaspekte stĂĽnden der Nachbelastung von Umsatzsteuer nicht entgegen, da diese durch die Neuregelung eingeschränkt seien.
  • Hierin dĂĽrfte auch keine verfassungsrechtlich unzulässige RĂĽckwirkung liegen. Vielmehr habe der Gesetzgeber das Vertrauensschutzprinzip im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit in noch zulässiger Weise zugunsten der Rechtsrichtigkeit eingeschränkt.
  • Das Gesetz eröffne der Antragstellerin insbesondere die Möglichkeit, den zivilrechtlichen Anspruch gegenĂĽber dem Bauträger auf die (noch ausstehende) Zahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt abzutreten; dieses sei nach summarischer PrĂĽfung – unabhängig von der Werthaltigkeit des Anspruchs – zur Annahme der Abtretung verpflichtet.
Hinweis: Das Finanzgericht Düsseldorf hat daher die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Der vollständige Entscheidungstext kann in neutralisierter Form abgerufen werden in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. Hauptbezug: FG Düsseldorf, Beschluss v. 31.8.2015 - 1 V 1486/15 Verwandte Artikel:
  • Streit/Fietz, Aktuelles zum Vertrauensschutz fĂĽr Bauleistende - Erste finanzgerichtliche Entscheidungen bestätigen Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO teilweise, NWB 35/2015 S. 2576, NWB DokID: XAAAE-99135
  • Seifert, Vertrauensschutz bei Bauleistungen, StuB 19/2015 S. 755, NWB DokID: MAAAF-04774
  • Seifert, Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: RĂĽckwirkende Umsatzsteuerpflicht verstößt gegen Vertrauensschutz, StuB 13/2015 S. 509, NWB DokID: DAAAE-93816
  • Zur möglichen Rechtsunsicherheit bei Bauleistungen, NWB 33/2015 S. 2421, NWB DokID: DAAAE-97218
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