- Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG v. 29.03.2017 - 2 BvL 6/11, BGBl I 2017, 1289 zur Verfassungswidrigkeit von § 8c Satz 1 KStG erweist sich auch die Regelung in § 8c Satz 2 KStG, wonach der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft vollständig wegfällt, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile übertragen werden, als mit Art 3 GG nicht vereinbar.
- Satz 2 der Vorschrift verletzt - wie Satz 1- das sog. Trennungsprinzip.
- Für den Verlustuntergang wird auf die Ebene der Anteilseigner abgestellt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft hängt aber nicht davon ab, wer Gesellschafter ist und wer sie kontrolliert.
- Eine Rechtfertigung hierfür hat der vorlegende Senat nicht erkennen können: Eine Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen, wie bei den früheren sog. Mantelkauffällen, scheidet aus, weil die Regelung keine typischen Missbrauchsfälle erfasst, sondern auch den „Normalfall“ einer Anteilsübertragung und damit als allgemeiner Abzugsausschluss wirkt.
- Allein durch die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile geht auch nicht typisierend die wirtschaftliche Identität verloren, die für eine Verlustnutzung stets erforderlich ist.
- Die unwiderlegbare Vermutung, dass bereits die Möglichkeit der Einflussnahme des Anteilserwerbers die Gesellschaft zu einer „anderen“ macht, ist nicht tragfähig. Angesichts der vielfältigen Gründe für eine Anteilsübertragung kann eine Veränderung der wirtschaftlichen Identität erst anhand der tatsächlich ergriffenen Maßnahmen der Gesellschafter beurteilt werden.
- Der Verzicht auf jegliche weitere Voraussetzungen, die an das Substrat der Gesellschaft, wie deren Betriebsvermögen und/oder den Unternehmensgegenstand anknüpfen, und das alleinige Abstellen auf die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile verfehlt den Zweck der Regelung, Änderungen der wirtschaftlichen Identität zu erfassen.
- Ronneberger, Vorlagebeschluss zur Verfassungswidrigkeit von § 8c Satz 2 KStG a. F., NWB 45/2017 S. 3400, NWB DokID: PAAAG-60900
- Dörr/Eggert/Plum, Der steuerliche Verlustabzug kann nicht beliebig eingeschränkt werden, NWB 35/2017 S. 2661, NWB DokID: IAAAG-54055
- Hoheisel/Stroh, Zur Verfassungswidrigkeit der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG , StuB 13/2017 S. 507, NWB DokID: SAAAG-49407
- Gehrmann, Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften, infoCenter, NWB DokID: VAAAE-84242
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