Das BAG hat dem EuGH Fragen zur Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis vorgelegt (BAG, Beschluss v. 18.10.2016 - 9 AZR 196/16 (A)). Sachverhalt: Die Klägerin ist Alleinerbin ihres Anfang 2013 verstorbenen Ehemanns, der bis zu seinem Tode bei dem Beklagten beschäftigt war. Sie verlangt vom Beklagten, den ihrem Ehemann vor seinem Tod zustehenden Erholungsurlaub abzugelten. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:
  • Weder Urlaubs- noch UrlaubsabgeltungsansprĂĽche nach § 7 Abs. 4 BUrlG i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB können auf den Erben eines Arbeitnehmers ĂĽbergehen, wenn dieser während des Arbeitsverhältnisses stirbt.
  • Der EuGH hat zwar mit Urteil v. 12.06.2014 - C-118/13 (Bollacke) angenommen, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne finanziellen Ausgleich untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Er hat jedoch nicht die Frage entschieden, ob der Anspruch auf finanziellen Ausgleich auch dann Teil der Erbmasse wird, wenn das nationale Erbrecht dies ausschlieĂźt.
  • DarĂĽber hinaus ist nicht geklärt, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG oder Art. 31 Abs. 2 GRC auch in den Fällen eine erbrechtliche Wirkung zukommt, in denen das Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen bestand.
  • Ferner besteht auch noch Klärungsbedarf bezĂĽglich des Untergangs des vom Unionsrecht garantierten Mindestjahresurlaubs. In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub untergehen kann, wenn der Urlaub fĂĽr den Arbeitnehmer keine positive Wirkung als Erholungszeit mehr hat. Letzteres ist nach dem Tod des Arbeitnehmers aber der Fall, weil in der Person des verstorbenen Arbeitnehmers der Erholungszweck nicht mehr verwirklicht werden kann.
Das BAG legt dem EuGH zur Auslegung des Unionsrechts daher folgende Fragen vor:
  1. Räumt Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG oder Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) dem Erben eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für den dem Arbeitnehmer vor seinem Tod zustehenden Mindestjahresurlaub ein, was nach § 7 Abs. 4 BUrlG i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist?
  2. Falls die Frage zu 1. bejaht wird: Gilt dies auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen zwei Privatpersonen bestand?
Hinweis: Der Neunte Senat des BAG hat am selben Tag den EuGH um Vorabentscheidung in einem ähnlich gelagerten Rechtsstreit (9 AZR 45/16 (A)) ersucht, in dem die Erbin eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers von einer öffentlichen Arbeitgeberin die Abgeltung des ihrem Ehemann vor seinem Tod zustehenden Urlaubs verlangt hat. Quelle: BAG, Pressemitteilung Nr. 55/16 (Sc) Hauptbezug: BAG, Beschluss v. 18.10.2016 - 9 AZR 196/16 (A) Verwandte Artikel:
  • Seel, Urlaubsrecht in der Rechtsprechung, NWB 10/2016 S. 715 NWB DokID: WAAAF-67447
  • Seel,  Können Erben einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend machen? NWB 5/2016 S. 362, NWB DokID: UAAAF-47824
  • Stier, Der Urlaubsanspruch in der Rechtsprechung, LGDD 1/2016 S. 15 NWB DokID: HAAAF-17951
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