- Zivilprozesskosten sind nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berĂĽhrt.
- Läuft der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann er auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen.
- In diesem Fall sind die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG.
- Mangels hinreichender Feststellungen des FG kann der Senat nicht selbst entscheiden, ob der Kläger ohne die mit dem Zivilprozess verfolgte Abwehr weiterer aufstaubedingter Hochwasserschäden an seinem Wohnhaus Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
- Das wäre insbesondere der Fall, wenn der Kläger durch das Aufstauen des Flusses Gefahr liefe, sein Wohnhaus nicht mehr weiter zu Wohnzwecken nutzen zu können. Denn das Wohnen betrifft grundsätzlich einen existenziell wichtigen Bereich und gehört zum verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum.
- Dementsprechend haben sowohl die Rechtsprechung des BFH als auch die Finanzverwaltung immer schon bei Verlust von Hausrat und Kleidung aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses die Voraussetzungen des § 33 EStG bejaht und insbesondere nicht grundsätzlich zwischen dem Verlust lebensnotwendiger Bedarfsgegenstände einerseits und einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des ebenfalls lebensnotwendigen privaten Wohnens andererseits unterschieden.
- Geserich, Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen: Erneute Änderung der Rechtsprechung, NWB 36/2015 S. 2634, NWB DokID: LAAAE-99956
- Außergewöhnliche Belastungen – Gerichtsentscheidungen, NWB Online-Beitrag, NWB DokID: BAAAC-92988
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