Der BFH hat zum Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Nutzung durch ein Ehepaar im gemeinsamen Einfamilienhaus entschieden. Das Gericht vertritt nunmehr eine subjektbezogene Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (Änderung der Rechtsprechung: BFH, Urteil vom 15.12.2016 - VI R 53/12; veröffentlicht am 22.02.2017).Hintergrund: Gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall ist die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt.
Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und nutzten ein in ihrem Einfamilienhaus gelegenes häusliches Arbeitszimmer mit einer Größe von ca. 26 qm gemeinsam. Das Einfamilienhaus gehörte ihnen jeweils zur Hälfte. Das FA berücksichtigte für die Streitjahre 2007 und 2008 die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € und ordnete diesen Betrag den Klägern je zur Hälfte zu (objektbezogene Auslegung). Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:- Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder Nutzende die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer, die er getragen hat, einkünftemindernd geltend machen, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG in seiner Person vorliegen.
- Für diese Auslegung der Abzugsbeschränkung spricht bereits der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG. Es gibt keine Grundlage dafür, den Abzugsbetrag von 1.250 € für den Steuerpflichtigen (anteilig) zu kürzen, weil auch ein anderer Steuerpflichtiger das Arbeitszimmer ausschließlich für eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit nutzt.
- Ebenfalls hierfĂĽr spricht die Systematik des Gesetzes; der Grundsatz der Individualbesteuerung gilt auch im Rahmen der Zusammenveranlagung von Ehegatten.
- Zudem wird die subjektbezogene Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG dem Sinn und Zweck des Gesetzes gerecht.
- Der Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer setzt allerdings voraus, dass dem jeweiligen Steuerpflichtigen in dem Arbeitszimmer ein Arbeitsplatz in einer Weise zur Verfügung steht, dass er ihn für seine betriebliche/berufliche Tätigkeit in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.
- Nutzen Ehegatten bei hälftigem Miteigentum ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Kosten jedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälfte zuzuordnen.
Hinweise: Der IV. Senat des BFH, von dessen Urteilen (Urteil vom 20.11.2003 - IV R 30/03 sowie vom 23.09.2009 - IV R 21/08) der erkennende Senat mit seiner Entscheidung abweicht, hat auf Anfrage des VI. Senats mitgeteilt, dass er an seiner bisherigen Auffassung, der Höchstbetrag nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG für ein häusliches Arbeitszimmer könne nur einmal gewährt werden, nicht mehr uneingeschränkt festhält. Somit wurde eine Anrufung des Großen Senats vermieden.
Zur Nutzung des Arbeitszimmers durch Lebensgefährten in einer gemeinsamen Wohnung: BFH, Urteil vom 15.12.2016 - VI R 86/13; ebenfalls veröffentlicht am 22.02.2017.
Quelle: BFH, Urteil vom 15.12.2016 - VI R 53/12, NWB Datenbank (il)
Hauptbezug: BFH, Urteil vom 15.12.2016 - VI R 53/12,
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