Der BFH hat zu den Voraussetzungen der Annahme eines Steuerstundungsmodells i.S. des § 15b EStG entschieden (BFH, Urteil vom 17.01.2017 - VIII R 7/13 veröffentlicht am 10.05.2017).
Hintergrund: Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen, § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG. Was genau unter einem "vorgefertigten Konzept" zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht. Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei der Gründung der Klägerin zum Zweck des Erwerbes einer zu 100 % fremdfinanzierten Inhaberschuldverschreibung mit indexbezogener Bonuszinsabrede um ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b Abs. 1 EStG in der im Streitjahr 2006 anzuwendenden Fassung handelt. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Für die Annahme eines Steuerstundungsmodells i.S. des § 15b Abs. 1 EStG ist Voraussetzung, dass auf ein vorgefertigtes Konzept i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG zurückgegriffen wird.
  • Das bloße Aufgreifen einer (in Fachkreisen) bekannten Gestaltungsidee mit dem Ziel einer sofortigen Verlustverrechnung führt nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells.
  • Das vorgefertigte Konzept muss von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person (Anbieter/Initiator) erstellt worden sein. Charakteristisch ist insoweit die Passivität des Investors/Anlegers.
  • Setzt der Investor/Anleger eine von ihm selbst oder dem in seinem Auftrag tätigen Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition um, liegt kein vorgefertigtes Konzept vor.
  • Beruhen Investitionen nicht auf einem vorgefertigten Konzept, sondern auf einer individuellen Gestaltung, so sind sie weder von § 15b EStG erfasst, noch als vom Gesetz missbilligte Gestaltung i.S. des § 42 Abs. 1 AO zur Vermeidung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG anzusehen.
Hinweis: Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 15b EStG wird im Schrifttum vor allem an der Unbestimmtheit einiger Tatbestandsmerkmale der Regelung festgemacht (dazu etwa Beck in Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG 2. Aufl. 2017, § 15b Rn. 36 m.w.N.). Das Verdienst des BFH in dieser Entscheidung ist es aber, dass er die beiden unbestimmten Rechtsbegriffe der "modellhaften Gestaltung" und des "vorgefertigten Konzepts" konkretisiert und damit den Anwendungsbereich des § 15b EStG folgerichtig und schlüssig begrenzt hat. Das Urteil wird dem BMF nicht gefallen, denn es liegt auf der Hand, dass künftig jede Anpassung eines Steuerstundungsmodells an die individuellen Verhältnisse des Anlegers als Argument gegen die Anwendung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG angeführt werden wird. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf das Urteil reagiert. Quelle: BFH, Urteil vom 17.01.2017 - VIII R 7/13; NWB Datenbank (il) Hauptbezug: BFH, Urteil vom 17.01.2017 - VIII R 7/13, NWB DokID: QAAAG-44610Verwandte Artikel:
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