Der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass ein berufsbedingter Wohnortwechsel den Kunden grundsätzlich nicht dazu berechtigt, seinen langfristigen Fitnessstudio-Vertrag außerordentlich zu kündigen (BGH, Urteil v. 4.5.2016 - XII ZR 62/15).Hintergrund: Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 314 Abs. 1 BGB; sinngemäß für Miet- und Dienstverhältnisse: § 543 Abs. 1 sowie § 626 Abs. 1 BGB). Sachverhalt: Die Klägerin betreibt ein Fitnessstudio in Hannover. Der Beklagte hatte im Jahr 2010 mit der Klägerin einen Fitnessstudio-Vertrag geschlossen. Im Oktober 2013 wurde der Beklagte zum Soldaten auf Zeit ernannt. Ab diesem Zeitpunkt zahlte er keine Mitgliedsbeiträge mehr. Als Soldat wurde er für die Zeit von Oktober bis Dezember 2013 nach Köln und für die Zeit von Januar bis Mai 2014 nach Kiel abkommandiert; seit Juni 2014 ist er in Rostock stationiert. Am 5.11.2013 kündigte er den Fitness-Studiovertrag. Die Klägerin verlangt ein restliches Nutzungsentgelt für die Zeit von Oktober 2013 bis zum regulären Vertragsende Ende Juli 2014. Zu Recht, wie der BGH entschied. Hierzu führten die Richter weiter aus:
  • Ein Dauerschuldverhältnis, wie der vorliegende Fitnessstudio-Vertrag, kann zwar von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
  • Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
  • Allerdings trägt der Kunde grundsätzlich das Risiko, die vereinbarte Leistung des Vertragspartners aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können.
  • Etwas anderes gilt nur dann, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist.
  • Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher - nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender - Umstand etwa in einer die Nutzung ausschließenden Erkrankung gesehen werden.
  • Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen.
  • Ein Wohnsitzwechsel stellt dagegen grundsätzlich keinen wichtigen Grund i.S.v. §§ 314 Abs. 1, 543 Abs. 1, 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung eines Fitness-Studiovertrags dar.
  • Die Gründe für einen Wohnsitzwechsel - sei er auch berufs- oder familienbedingt - liegen in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm beeinflussbar.
  • Besondere Umstände, die hier die Übernahme des Verwendungsrisikos für den Kunden gleichwohl als unzumutbar erscheinen ließen, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 4.5.2016 (il) Hinweis: Die Vorschrift des § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG, die dem Nutzer einer Telekommunikations-Leistung (etwa DSL) ein Sonderkündigungsrecht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten einräumt, wenn die Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten wird, war nach Ansicht der Richter weder unmittelbar noch entsprechend auf die Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrags anzuwenden. Hauptbezug: BGH, Urteil v. 4.5.2016 - XII ZR 62/15
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