Hintergrund: Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied (§ 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG). Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, wie die Vergütung nach dem JVEG aus der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter (Schöffe) zu qualifizieren ist. Die Kläger vertreten die Ansicht, dass die Entschädigungen für Verdienstausfall und Zeitversäumnis nicht steuerbar sind. Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:
- Die Einnahmen des Klägers steuerpflichtige Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG (a.A. FG Berlin, Urteil v. 6.12.1979 - IV 460/78).
- Die „sonstige selbständige Arbeit“ ist im Gesetz nicht definiert.
- In den Anwendungsbereich der Regelung fallen Tätigkeiten, die die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfassen und selbständig ausgeübte fremdnützige Tätigkeiten in einem fremden Geschäftskreis (BFH, Urteil v. 15.6.2010 - VIII R 10/09).
- Die Anwendung von § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG ist nicht auf verwaltende Tätigkeiten (der Exekutive) beschränkt.
- Vorliegend ist der Kläger kraft Gesetzes zur Ausübung seiner Tätigkeit verpflichtet und unterliegt hierbei keinen inhaltlichen Weisungen. Ihm wird kein Ergebnis vorgegeben, im Vordergrund steht nicht das Ableisten einer bestimmten Arbeitszeit.
- Dem steht nicht entgegen dass der Kläger „ehrenamtlich” tätig geworden ist: Die hierfür gewährte Entschädigung, auch wenn sie den Verdienstausfall umfasst, bedeutet keine Entlohnung, sondern einen Ersatz des sonst entstehenden Schadens (vgl. BFH, Urteil v. 16.12.1987 - X R 7/82).
- Dieser Ersatz wird steuerlich bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit erfasst.
- Die AusĂĽbung eines Ehrenamts schlieĂźt eine Gewinnerzielungsabsicht nicht aus.
- Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit kann der Erzielung positiver Einkünfte dienen. Die für die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht erforderliche positive Gesamtprognose setzt nicht voraus, dass mit den Einnahmen der Lebensunterhalt bestritten werden kann.
- Auch wenn davon auszugehen ist, dass ein ehrenamtlicher Richter seine Tätigkeit in erster Linie deshalb ausübt, um seine staatsbürgerlichen Pflichten zu erfüllen und damit die Absicht, hierfür Vergütungen zu erzielen, in den Hintergrund tritt, reicht es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit aus, dass die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.
- Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die streitgegenständlichen Einnahmen auch nicht bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen.
- Ein Dienstverhältnis liegt nicht vor, der Kläger schuldet nicht seine Arbeitskraft, sondern den Arbeitserfolg, die Mitwirkung an einer Entscheidung.
- Hierfür hält er keine festen Bezüge, auch hat er keinen Urlaubsanspruch oder einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall oder auf sonstige Sozialleistungen.
- § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kommt nicht zur Anwendung, da die Zahlungen nach dem JVEG vom bestehenden Arbeitsverhältnis unabhängig sind.
- Letztlich sind die Einnahmen auch nicht nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfrei, da es sich hierbei nicht um Aufwandsentschädigungen i.S.d. Vorschrift handelt
Ass. jur. Andreas Illi (v.i.S.d.P.)
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