In der o.g. Stellungnahme v. 8.5.2015 äußerte sich der Bundesrat u.a. zu den folgenden Punkten:
Zur Einkommensteuer
Bundesrat fordert erneut Änderung der Rabatt- und Gutscheinbesteuerung:- Der BFH hatte in einer Reihe von Urteilen Leistungen, die von der Praxis bislang als Geldleistungen betrachtet wurden (Gutscheine, die auf einen Geldbetrag lauten, Geldleistungen mit Verwendungsauflage), den Sachbezügen zugeordnet und damit eine Anwendung der 44-Euro-Freigrenze auch für derartige Bezüge eröffnet (s. hierzu Hilbert in NWB 18/2011 S. 1538). Mit der vorgeschlagenen gesetzlichen Änderung soll nach dem Willen der Länder die alte Rechtspraxis wiederhergestellt und das Gestaltungspotenzial der 44-Euro-Freigrenzeeinge schränkt werden.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Zur Begründung weist sie auf den Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung. Hierin führt die Bundesregierung aus, dass auf eine Umsetzung der vorgeschlagenen Änderungen verzichtet werden sollte, da Zusatzbelastungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu befürchten seien.
- Erst kürzlich hatte der BFH eine Entscheidung veröffentlicht, nach der ein verbleibender Verlustvortrag auch dann erstmals gesondert festzustellen ist, wenn für das Verlustentstehungsjahr kein Einkommensteuerbescheid existiert und auch kein Einkommensteuerbescheid mehr erlassen werden kann, weil bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Praktische Bedeutung kann dies vor allem für Steuerpflichtige haben, die nachträglich Berufsausbildungskosten als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen möchten (s. hierzu NWB-Nachricht v. 29.4.2015). Durch diese Entscheidung wird nach Ansicht des Bundesrates der ursprüngliche gesetzgeberische Wille, eine zeitnahe verbindliche Entscheidung über die Höhe des abzugsfähigen Verlustes zutreffen, konterkariert. Eine Neuregelung würde – so der Bundesrat – der Steuervereinfachung und dem Rechtsfrieden dienen.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um Prüfung nachkommen.
- Der Gesetzgeber nimmt ein Damnum/Disagio von der Verteilung über mehrere Jahre aus, soweit dieses marktüblich ist. Ein marktunübliches Damnum/Disagio ist anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Damnum/Disagio entsprechend hoch ist (BT-Drucks. 16/2712, S.44). Infolge des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus ist ein Damnum/Disagio mittlerweile nur noch eine reine Zinsvorauszahlung und nicht mehr eine Feineinstellung eines werbewirksamen Nominalzinssatzes. Ein Damnum/Disagio wird von den Banken im Regelfall nur noch dann vereinbart, wenn es vom Steuerpflichtigen ausdrücklich (d.h. zu Steuersparzwecken) verlangt wird. Daraus ergibt sich zugleich das Problem, dass man die Marktüblichkeit eines Damnum/Disagio, das von Steuersparzwecken unbeeinflusst ist, kaum feststellen kann. Zur Vermeidung von reinen Steuersparmodellen und zur Steuervereinfachung solle nun – so der Bundesrat – § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG gestrichen werden.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Zur Bekämpfung von Steuersparmodellen sei eine Gesetzesänderung nicht notwendig. Durch die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 5 EStG, der ausdrücklich auf die Anwendung von § 42 AO verweise, werde der Vermeidung von Gestaltungsmöglichkeiten bereits Rechnung getragen.
Zur Gewerbesteuer
Durch Organgesellschaften vereinnahmten Schachteldividenden:- Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob durch eine Änderung des Gewerbesteuergesetzes sichergestellt werden kann, dass die von einer Organgesellschaft bezogenen Gewinnausschüttungen gewerbesteuerlich genauso belastet werden, wie dies bei nicht organkreiszugehörigen Unternehmen der Fall ist. Der BFH hatte hierzu kürzlich entschieden, dass Gewinnausschüttungen, die eine Organgesellschaft aus einer Schachtelbeteiligung bezieht, insgesamt – und nicht nur zu 95% – von der Gewerbesteuer befreit sind (vgl. hierzu NWB-Nachricht v. 18.3.2015). 13363 Nach Ansicht des Bundesrates steht dieses Urteil nicht im Einklang mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, der die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers fingiert und damit eine Ergebnis-konsolidierung und eine einheitliche Ermittlung des Gewerbeertrags auf Ebene des Organträgers anordnet.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um Prüfung nachkommen.
Zur Umsatzsteuer
Zur Zuordnung der Warenbewegung beim Reihengeschäft:- Der Bundesrat bittet, mit Blick auf die neueste Rechtsprechung (BFH, Urteile v. 25.2.2015 - XI R 15/14 und XI R 30/13), möglichst noch für das laufende Gesetzgebungsverfahren eine Klarstellung der Regelungen für sog. Reihengeschäfte in § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 UStG dergestalt vorzusehen, dass auch künftig eine rechtssichere Zuordnung der Warenbewegung möglich ist. Um eine praxisgerechte Umsetzung zu ermöglichen, stelle die Verwaltung bisher bei der Zuordnung der Warenbewegung auf von allen Beteiligten einfach und rechtssicher zu beurteilende Gesichtspunkte (insbesondere die Identifikationsnummer, Lieferkonditionen, Lieferklauseln, sog. Incoterms) ab. Der BFH hält dagegen im Wege einer umfassenden Würdigung des Einzelfalls die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der letzte Abnehmer die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand erhält, für erforderlich und hat dies in o.g. Urteilen bekräftigt. Da es sich bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften um massenhaft vorkommende Fallgestaltungen im Wirtschaftsleben handelt, führt die auf die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls abstellende Rechtsprechung zu in der Praxis kaum umsetzbaren Bedingungen.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um Prüfung nachkommen.
- Der BFH hat entscheiden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG seien, mit der Konsequenz, dass Arbeiten an solchen generell nicht unter das sog. Reverse-Charge-Verfahren fallen (BFH, Urteil v. 28.8.2014 - V R 7/14; s. hierzu NWB-Nachricht v. 12.11.2014). 12766 Dies führt – so der Bundesrat – in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten. Um weiterhin eine praxisgerechte Abgrenzung zu ermöglichen sowie den Bedürfnissen der Betrugsbekämpfung gerecht zu werden, solle eine Klarstellung in § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erfolgen, die es ermöglicht, den bisherigen Umfang der Steuerschuldverlagerung bei bauwerksbezogenen Leistungen in Bezug auf Betriebsvorrichtungen weitestgehend beizubehalten.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um Prüfung nachkommen.
- Um praktischen Problemen zu begegnen, soll die Betragsgrenze von 5.000 Euro zwar beibehalten werden; sie soll nach dem Willen des Bundesrates aber optional ausgestaltet werden. Beträgt die Summe der für die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnung zustellenden Entgelte weniger als 5.000 Euro, soll hiernach der liefernde Unternehmer durch einen gesonderten Ausweis des Steuerbetrags in der Rechnung auf die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers verzichten können. Steuerschuldner bleibe dann der liefernde Unternehmer.
- Gegenäußerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müsse gesetzlich feststehen, wer Steuerschuldner ist. Eine optionale Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metalllieferungen mit einer Bemessungsgrundlage von unter 5.000 Euro hätte aber zur Folge, dass die Betroffenen entscheiden könnten, wer Steuerschuldner ist.
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RA, Dipl.-Finanzwirt (FH) Thomas Egle (v.i.S.d.P.)
Ass. jur. Andreas Illi
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