Der BFH hat klargestellt, dass es an einer nach der 1%-Regelung bzw. der Fahrtenbuchmethode zu bewertenden Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Fahrten fehlt, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist (BFH, Urteil v. 18.12.2014 - VI R 75/13; veröffentlicht am 29.4.2015).

Hintergrund:
Die Ăśberlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer fĂĽr dessen Privatnutzung fĂĽhrt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss (§ 19 EStG). Zu bewerten ist dieser Vorteil grds. nach der 1%-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).  Diese Bewertung kann nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht durch Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden (s. hierzu BFH, Urteil v. 7.11.2006 - VI R 95/04). Etwas anders gilt nach der aktuell veröffentlichten Entscheidung des BFH allerdings dann, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist.

Sachverhalt: Die als Bürgermeisterin nichtselbständig tätige Klägerin nutzte einen Pkw für Berufs- und Privatfahrten, den die Gemeinde zu Vorzugskonditionen (sog. Behördenleasing) geleast hatte. Vereinbarungsgemäß trug die Klägerin sämtliche Pkw-Kosten, auch die Leasing-Aufwendungen. Weil sie von den Vorzugskonditionen profitierte, besteuerte das Finanzamt einen geldwerten Vorteil in Höhe der Differenz zwischen den vereinbarten und marktüblichen Leasingraten. Eine (hier: ggf. günstigere) Bewertung des Vorteils nach der 1%-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode kam nach Ansicht des Finanzamtes nicht in Betracht, da das Leasingfahrzeug der Klägerin und nicht ihrem Arbeitgeber zuzurechnen sei.

Hierzu fĂĽhrte der BFH weiter aus:
  • Eine Ăśberlassung eines betrieblichen Kfz i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 EStG liegt nicht vor, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Dies ist zunächst der Fall, wenn der Arbeitnehmer EigentĂĽmer des Fahrzeugs ist.
  • Das Fahrzeug ist aber auch dann dem Arbeitnehmer zuzurechnen, wenn er ĂĽber dieses Fahrzeug wie ein wirtschaftlicher EigentĂĽmer oder als Leasingnehmer verfĂĽgen kann. Dabei ist es grds. unerheblich, ob der VoreigentĂĽmer oder der Leasinggeber ein fremder Dritter oder der Arbeitgeber ist.
  • Dem Arbeitnehmer ist das Fahrzeug dann zuzurechnen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug aufgrund einer vom Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung, etwa einem Leasingvertrag, ĂĽberlässt. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und das Fahrzeug seinem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Unterleasingverhältnisses ĂĽbergibt.
  • Eine solche unabhängige Sonderrechtsbeziehung, auf der die FahrzeugĂĽbertragung grĂĽndet, kann auch dann vorliegen, wenn die Beteiligten diese nicht schriftlich vereinbart haben. Entscheidend ist, dass nach den tatsächlichen Umständen der Arbeitnehmer im Innenverhältnis gegenĂĽber seinem Arbeitgeber die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Leasingnehmers hat, er also ein in Raten zu zahlendes Entgelt zu entrichten hat und ihn allein die Gefahr und Haftung fĂĽr Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache treffen.
  • In einem solchen Fall sind mögliche, aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Vorteile nicht nach der speziellen Bewertungsnorm des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen, wie sie etwa fĂĽr die Erfassung von Rabatten gelten, zu bewerten.
Anmerkung: Im Streitfall reichten die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts nach Ansicht des BFH nicht aus, den geleasten PKW der Klägerin zuzurechnen. Die Vorinstanz habe beispielsweise weder festgestellt, wer Halter des Fahrzeugs ist, noch wer Versicherungsnehmer der Haftpflichtversicherung ist. Auch sei nicht ersichtlich, ob und in welcher Weise die Arbeitnehmerin die Gefahr aus dem Gebrauch bzw. Betrieb des Fahrzeugs übernommen und in welchem Umfang sie ihre Arbeitgeberin von den vertraglichen Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag freigestellt habe. Darüber hinaus fehle es an belastbaren Feststellungen, nach denen sie das Nutzungsrecht an dem PKW nach seinem wirtschaftlichen Gehalt (auch gegenüber ihre Arbeitgeberin) so erlangt habe, als wenn sie selbst den Leasingvertrag mit dem Leasinggeber geschlossen hätte.

Hauptbezug:
BFH, Urteil v. 18.12.2014 - VI R 75/13, NWB DokID: CAAAE-89046

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