Hintergrund: Die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss (§ 19 EStG). Zu bewerten ist dieser Vorteil grds. nach der 1%-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Diese Bewertung kann nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht durch Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden (s. hierzu BFH, Urteil v. 7.11.2006 - VI R 95/04). Etwas anders gilt nach der aktuell veröffentlichten Entscheidung des BFH allerdings dann, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist.
Sachverhalt: Die als Bürgermeisterin nichtselbständig tätige Klägerin nutzte einen Pkw für Berufs- und Privatfahrten, den die Gemeinde zu Vorzugskonditionen (sog. Behördenleasing) geleast hatte. Vereinbarungsgemäß trug die Klägerin sämtliche Pkw-Kosten, auch die Leasing-Aufwendungen. Weil sie von den Vorzugskonditionen profitierte, besteuerte das Finanzamt einen geldwerten Vorteil in Höhe der Differenz zwischen den vereinbarten und marktüblichen Leasingraten. Eine (hier: ggf. günstigere) Bewertung des Vorteils nach der 1%-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode kam nach Ansicht des Finanzamtes nicht in Betracht, da das Leasingfahrzeug der Klägerin und nicht ihrem Arbeitgeber zuzurechnen sei.
Hierzu fĂĽhrte der BFH weiter aus:
- Eine Überlassung eines betrieblichen Kfz i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 EStG liegt nicht vor, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Dies ist zunächst der Fall, wenn der Arbeitnehmer Eigentümer des Fahrzeugs ist.
- Das Fahrzeug ist aber auch dann dem Arbeitnehmer zuzurechnen, wenn er ĂĽber dieses Fahrzeug wie ein wirtschaftlicher EigentĂĽmer oder als Leasingnehmer verfĂĽgen kann. Dabei ist es grds. unerheblich, ob der VoreigentĂĽmer oder der Leasinggeber ein fremder Dritter oder der Arbeitgeber ist.
- Dem Arbeitnehmer ist das Fahrzeug dann zuzurechnen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug aufgrund einer vom Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung, etwa einem Leasingvertrag, überlässt. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und das Fahrzeug seinem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Unterleasingverhältnisses übergibt.
- Eine solche unabhängige Sonderrechtsbeziehung, auf der die Fahrzeugübertragung gründet, kann auch dann vorliegen, wenn die Beteiligten diese nicht schriftlich vereinbart haben. Entscheidend ist, dass nach den tatsächlichen Umständen der Arbeitnehmer im Innenverhältnis gegenüber seinem Arbeitgeber die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Leasingnehmers hat, er also ein in Raten zu zahlendes Entgelt zu entrichten hat und ihn allein die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache treffen.
- In einem solchen Fall sind mögliche, aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Vorteile nicht nach der speziellen Bewertungsnorm des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen, wie sie etwa für die Erfassung von Rabatten gelten, zu bewerten.
Hauptbezug: BFH, Urteil v. 18.12.2014 - VI R 75/13, NWB DokID: CAAAE-89046
Verwandte Artikel:
- Schmidt/Wiebecke, Firmenwagen: Besteuerung der Gestellung an Arbeitnehmer, Grundlagen; NWB DokID: MAAAE-60557
- Geserich, Zurechnung eines von einem Arbeitgeber geleasten Pkw beim Arbeitnehmer , NWB 19/2015 S. 1366, NWB DokID: CAAAE-89367
- Samagga, Nutzung eines Firmenwagens durch Arbeitnehmer fĂĽr eigene betriebliche Zwecke, NWB 10/2015 S. 699, NWB DokID: RAAAE-84949
- Greif, Überlassung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw an einen Gesellschafter-Geschäftsführer, NWB 47/2014 S. 3543, NWB DokID: UAAAE-78977
- Ramb, Umsatzbesteuerung der an Arbeitnehmer ĂĽberlassenen Firmenwagen, NWB 36/2014 S. 2727, NWB DokID: HAAAE-71952
RA, Dipl.-Finanzwirt (FH) Thomas Egle (v.i.S.d.P.)
Ass. jur. Andreas Illi
NWB Verlag GmbH & Co. KG
Eschstr. 22 - 44629 Herne
www.nwb.de