Hintergrund: Es ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass die private Nutzung eines betrieblichen Kfz durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer vGA führt, sofern diese im Anstellungsvertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde. Auf Ebene der Körperschaft ist diese vGA nicht nach den lohnsteuerlichen Werten (der 1%-Regelung), sondern nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was in der Regel zum Ansatz des gemeinen Wertes führt und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbezieht (u.a. BFH, Urteil v. 22.12.2010 - I R 47/10 und BFH, Beschluss v. 23.4.2009 - VI B 118/08). Ob auch auf Gesellschafterebene die vGA nach Fremdvergleichsgrundsätzen oder aber nach der 1%-Regelung zu bewerten ist, hatte der BFH bislang nicht zu entscheiden. Das FG Saarland hatte die Bewertung nach Fremdvergleichsmaßstäben und damit einen Gleichlauf zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene bereits früher bejaht (FG Saarland, Urteil v. 5.12.2007 - 1 V 1502/07). Das FG Brandenburg hält demgegenüber den Ansatz des lohnsteuerlichen Werts wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen grds. für sachgerecht (FG Brandenburg, Urteil v. 26.10.2005 - 2 K 1763/02).
Sachverhalt: Der Antragsteller beantragte die Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheides. Er ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Streitig war hier die Bewertung einer vGA, die darauf gründet, dass die GmbH ein Fahrzeug der Ehefrau des Antragstellers überließ. Dieses Fahrzeug wurde von der Ehefrau ausschließlich (privat) genutzt, ohne dass es im Anstellungsvertrag des Antragstellers eine entsprechende Regelung hierzu gab. Eine betriebliche Nutzung des Fahrzeugs bei der GmbH erfolgte nicht. Streitig war hier allein die Höhe der vGA.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
- Eine Bewertung nach der 1%-Regelung scheidet im Streitfall aus. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG (die 1%-Regelung) entsprechend gilt. Der Senat hält diese Norm in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das KFZ ausschließlich privat genutzt wird, allerdings nicht für einschlägig, so dass es bei der allgemeinen Bewertungsregel des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG bleibt.
- Nach Auffassung des Senats setzt die Regelung „private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten” jedenfalls inzident voraus, dass das Fahrzeug auch dienstlich bzw. betrieblich genutzt wird. Diese insoweit gebotene teleologische Auslegung rechtfertigt sich aus der Intention des Gesetzgebers, eine Gleichstellung der Überschusseinkünfte mit den Gewinneinkünften (für diese: § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ff. EStG) zu erreichen.
- Während § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG von der privaten Nutzung eines Fahrzeugs spricht, das zu mehr als 50% betrieblich genutzt wird, regelt § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG die „private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Fahrten”. Daraus zu folgern, dass im Rahmen der Überschusseinkünfte keine zu mehr als 50% betriebliche Nutzung erforderlich wäre, also eine geringere betriebliche Nutzung ausreicht, hält der Senat für äußerst bedenklich; er brauchte dies vorliegend aber nicht abschließend zu beurteilen.
- Denn jedenfalls ist § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG nach Auffassung des Senats zumindest so zu verstehen, dass die entsprechende Anwendung dann nicht eröffnet wird, wenn – wie vorliegend – das Fahrzeug gar nicht „betrieblich”, sondern nur privat genutzt wird.
- Allein die Zuordnung zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft (die naturgemäß ausschließlich über Betriebsvermögen verfügt) genügt den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht.
Hauptbezug: FG Saarland, Beschluss v. 7.1.2015 - 1 V 1407/14, NWB DokID: LAAAE-86866
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