Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des anderen Ehepartners sind auch bei einer längerfristigen Auswärtstätigkeit des anderen Ehepartners grds. nicht als Werbungskosten abziehbar (BFH, Urteil v. 22.10.2015 - VI R 22/14; veröffentlicht am 23.12.2015).Hintergrund: Bereits 2011 hatte der BFH entschieden, dass sog. umgekehrte Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung keine Werbungskosten sind, sofern die wöchentliche Familienheimfahrt des Steuerpflichtigen aus privaten Gründen nicht angetreten wird (s. BFH, Beschluss v. 2.2.2011 - VI R 15/10). Im Streitfall lag zwar keine doppelte Haushaltsführung vor. Fraglich war dennoch, ob die Fahrten der Ehefrau beruflich veranlasst sind, sofern der Steuerpflichtige (Ehemann) Familienheimfahrt aus beruflichen Gründen nicht selbst durchführen kann. Die Vorinstanz ging im Streitfall jedenfalls von einer beruflichen Veranlassung aus.
Sachverhalt: Der Kläger ist als Monteur weltweit auf wechselnden Baustellen eingesetzt. Während eines Einsatzes in den Niederlanden besuchte ihn seine Ehefrau an insgesamt drei Wochenenden. Hierfür machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einen Werbungskostenabzug geltend. Er legte eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vor, wonach die Anwesenheit des Klägers auf der Baustelle auch an den Wochenenden aus produktionstechnischen Gründen erforderlich gewesen sei. Das Finanzamt versagte den Abzug mit der Begründung, es handele sich um Kosten der privaten Lebensführung.
Hierzu führte der BFH weiter aus:- Die betreffenden Reisen der Ehefrau sind keine Familienheimfahrten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG. Der Kläger unterhielt an seinem Beschäftigungsort in den Niederlanden weder eine doppelte Haushaltsführung noch nahm er die fraglichen Fahrten selbst vor, wie es Familienheimfahrten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG erfordern.
- Die Aufwendungen für die Besuchsfahrten der Ehefrau zum Beschäftigungsort des Klägers in den Niederlanden sind auch nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abzugsfähig. Denn sie sind nicht beruflich veranlasst.
- Beruflich veranlasst sind grds. nur die Mobilitätskosten des steuerpflichtigen Arbeitnehmers selbst für seine eigenen beruflichen Fahrten. Anders verhält es sich jedoch bei den im Streitfall zu beurteilenden Aufwendungen für die Fahrten der Ehefrau des steuerpflichtigen Arbeitnehmers zu dessen (auswärtiger) Tätigkeitsstätte. Diese Fahrten dienen grds. nicht der Förderung des Berufs und sind daher keine Werbungskosten.
- Die berufliche Veranlassung solcher Fahrten des Ehepartners ist in der Regel auch dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine für ihn beruflich veranlasste Fahrt zwischen seiner auswärtigen Tätigkeitsstätte und der Wohnung nicht selbst durchführen kann, weil seine Anwesenheit am auswärtigen Tätigkeitsort z.B. aufgrund einer Weisung oder Empfehlung des Arbeitgebers oder aus anderen dienstlichen Gründen erforderlich ist.
- Der Ersatzcharakter der Fahrt als solcher vermag die berufliche Veranlassung der an sich privaten Fahrt des Ehepartners nicht zu begrĂĽnden.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der BFH brauchte im Streitfall nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Notwendigkeit, private Dinge durch einen Besuch des Ehepartners bei dem Steuerpflichtigen zu regeln, durch den dienstlichen Einsatz des Steuerpflichtigen an dessen auswärtiger Tätigkeitsstätte in einem solchen Maße beruflich veranlasst sein kann, dass private Veranlassungsbeiträge dahinter zurücktreten und die Fahrt des Ehepartners zum Steuerpflichtigen deshalb nicht als private Besuchsfahrt, sondern ausnahmsweise als beruflich veranlasst anzusehen ist. Denn ein solcher Ausnahmefall konnte der BFH im Streitfall nicht erkennen.
Hauptbezug: BFH, Urteil v. 22.10.2015 - VI R 22/14;
NWB DokID: YAAAF-18913Verwandte Artikel:- Kammeter, Umgekehrte Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten HaushaltsfĂĽhrung, NWB 13/2011 S. 1032; NWB DokID: SAAAD-78891