Beim Erwerb einer Vertragsarztpraxis ist i. d. R. die Vertragsarztzulassung kein selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut, sondern Teil des Geschäftswerts des Unternehmens. Die „Vorteile aus einer Vertragsarztzulassung” können aber ein gesondertes und eigenständiges (jedoch nicht abschreibungsfähiges) Wirtschaftsgut darstellen, wenn die Vertragsarztzulassung zum Gegenstand eines gesonderten Veräußerungsvorgangs gemacht wird und das alleinige Interesse der erwerbenden Praxis dem Erwerb des vorhandenen Vertragsarztsitzes gilt (FG Bremen, Urteil vom 24.08.2016 - 1 K 67/16 (6); Revision anhängig).
Sachverhalt: Die Kläger betrieben in den Streitjahren als Ärzte eine Gemeinschaftspraxis. 2005 verband sich die Gemeinschaftspraxis mit der Aufnahme von zwei Partnern zu einer erweiterten Gemeinschaftspraxis. Für die Übertragung der Zulassungen zahlte die Gemeinschaftspraxis an die beiden Partner 47.500 EUR bzw. 55.000 EUR. Im Rahmen ihrer Gewinnermittlung aktivierte die Partnerschaft die im Hinblick auf die Übertragung der Zulassungen geleisteten Zahlungen als Praxiswert und schrieb diesen über eine Nutzungsdauer von 3 Jahren ab. Das FA kam zu dem Ergebnis, dass die wirtschaftlichen Vorteile aus den Vertragsarztzulassungen keinen Praxiswert darstellten. Es handele sich bei den Vertragsarztzulassungen um Einzelwirtschaftsgüter, die keinem Wertverzehr unterlägen. Hierzu führte das FG Bremen weiter aus:
  • Beim Erwerb einer Vertragsarztpraxis ist in der Regel die Vertragsarztzulassung Bestandteil des erworbenen Praxiswerts und wird dementsprechend nicht als selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut, sondern als Teil des Geschäftswerts des Unternehmens erworben.
  • Allerdings können solche unselbstständigen Bestandteile eines anderen Wirtschaftsguts dann Selbstständigkeit erlangen, wenn sie ausdrĂĽcklich gesondert zum Gegenstand einer VeräuĂźerung gemacht werden.
  • Im Streitfall hat die Gemeinschaftspraxis von den Partnern nicht deren Praxiswert als solchen, sondern lediglich die „Vorteile aus den Vertragsarztzulassungen” erworben.
  • Vorliegend stellen die von der Gemeinschaftspraxis von den Partnern erworbenen Vertragsarztzulassungen WirtschaftsgĂĽter dar.
  • Die Kläger können die Aufwendungen, die der Gemeinschaftspraxis im Zusammenhang mit der Ăśbertragung der Arztzulassungen entstanden sind, nicht als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) geltend machen, da sie durch ihre Aufwendungen ein zu aktivierendes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erworben hat.
  • Die Kläger können fĂĽr dieses Wirtschaftsgut keine AfA gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Anspruch nehmen, da das erworbene Wirtschaftsgut nicht abnutzbar ist.
Hinweis:
Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VIII R 24/16 anhängig. Quelle: FG Bremen, Urteil vom 24.08.2016 - 1 K 67/16 (6); NWB Datenbank (Sc) Hauptbezug: FG Bremen, Urteil vom 24.08.2016 - 1 K 67/16 (6), NWB DokID: HAAAF-89251
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