Der 6. Senat des FG Baden-Württemberg hat zur Abgrenzung zwischen einer lohnsteuerfreien betrieblichen Veranstaltung zu Werbezwecken und einer lohnsteuerpflichtigen, wegen Überschreitung der Freigrenze von 110 EUR unüblichen Betriebsveranstaltung Stellung genommen. Der Streitfall betraf eine Feier anlässlich eines Firmenjubiläums, zu dem sowohl Arbeitnehmer, als auch Geschäftspartner und Vertreter der Presse eingeladen wurden (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 5.5.2015 - 6 K 115/13; Revision zugelassen).Hintergrund: Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen können im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Dabei hatte die Rechtsprechung zur Rechtslage bis zum 31.12.2014 typisierend festgelegt, dass ab dem Überschreiten einer Freigrenze von 110 EUR dem teilnehmenden Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil von solchem Eigengewicht zugewendet wird, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Derartige Zuwendungen des Arbeitgebers sind daher beim Arbeitnehmer in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (z.B. BFH, Urteil v. 12.12.2012 – VI R 79/10). Sachverhalt: Anlässlich ihres Firmenjubiläums veranstaltete die Klägerin im Jahre 2006 eine Jubiläumsfeier, zu der sie über die Firmenzeitschrift sämtliche Mitarbeiter einlud. Dabei kündigte sie u.a. den Auftritt eines weltbekannten Künstlers an. Daneben lud die Klägerin zu ihrer Jubiläumsfeier weitere Gäste aus Politik und Wirtschaft – darunter vor allem Geschäftspartner und Geschäftsfreunde – ein. Tatsächlich nahmen an der Veranstaltung insgesamt 1.060 Personen teil. Der Anteil der nicht der Belegschaft (einschließlich der Familienangehörigen und der Pensionäre) zuzuordnenden Gäste aus Politik und Wirtschaft sowie der anwesenden Presse belief sich im Streitfall dabei auf weniger als ein Fünftel. Die Klägerin wollte die Jubiläumsfeier nicht als eine – wegen der Höhe der Kosten als unüblich anzusehende und damit lohnsteuerpflichtige – Betriebsveranstaltung behandelt wissen. Die Veranstaltung sei vielmehr auf die Repräsentation des Unternehmens nach außen hin ausgerichtet gewesen. Die Aufgabe der Mitarbeiter habe darin bestanden, die Gäste zu betreuen, den Kontakt mit den Kunden zu stärken und die Geschäftsbeziehungen zu festigen. Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
  • Bei der Feier der Klägerin handelte es sich um eine Betriebsveranstaltung, aus deren Anlass den teilnehmenden Arbeitnehmern ein geldwerter Vorteil von erheblichem Eigengewicht zugeflossen ist.
  • Unter Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter zu verstehen, bei denen die Teilnahme grds. allen Betriebsangehörigen offensteht und bei denen das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an ihrer DurchfĂĽhrung in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen ist. Einen solchen Charakter hatte auch die streitige Feier.
  • Die auf betrieblicher Ebene durchgefĂĽhrte Veranstaltung hatte hier offenkundig gesellschaftlichen Charakter. DafĂĽr spricht schon der äuĂźere Rahmen und Programmablauf.
  • Zwar mag es auch die Aufgabe einzelner Mitarbeiter – insbesondere der FĂĽhrungskräfte – gewesen sein, im Rahmen der Tischordnung die externen Gäste aus Politik und Wirtschaft zu betreuen und zu unterhalten. Schon das reine Zahlenverhältnis zeigt aber (bei 487 aktiven Mitarbeitern, 325 Ehegatten solcher Mitarbeiter und 59 Pensionären, mithin insgesamt 871 von 1.060 Teilnehmern), dass der Umgang mit den hochrangigen auĂźerbetrieblichen Gäste keineswegs die Haupt-, geschweige denn die alleinige Aufgabe der breiten Mehrzahl der zu der Feier eingeladenen Betriebsangehörigen war.
  • Auch dass die Klägerin mit der Ausrichtung der Jubiläumsfeier zugleich das Ziel verfolgte, sich gegenĂĽber der Ă–ffentlichkeit als erfolgreiches Unternehmen zu präsentieren, verschafft ihr noch keinen Charakter als bloĂźe Repräsentations- und Werbeveranstaltung.
Anmerkung: Es handelte sich im Streitfall auch nicht um eine übliche, keinen Lohnzufluss auslösende Betriebsveranstaltung. Die 110-EUR-Freigrenze wurde nach den Feststellungen des Finanzgerichts überschritten. Nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Rechtslage stellten zwar die Kosten für die Teilnahme von Angehörigen grds. keine Entlohnung dar. Eine andere Beurteilung kann jedoch bei solchen Betriebsfeiern angezeigt sein, die ihrer Art nach den Schluss zulassen, dass über die Familienangehörigen dem Arbeitnehmer ein Vorteil zugewendet werden soll. Dies kommt – so auch der BFH – „insbesondere bei Veranstaltungen in Betracht, die bereits für sich selbst einen marktgängigen Wert besitzen und die vom Arbeitgeber nicht selbst durchgeführt werden könnten, so etwa, wenn die Belegschaft zusammen mit Familienangehörigen gemeinschaftlich ein Musical besucht oder Konzerte weltberühmter Künstler anlässlich von Betriebsfeiern gegeben werden“ (BFH, Urteil v. 16.5.2013 - VI R 7/11, unter II. 2. c. am Ende). So verhielt es sich auch im Streitfall. Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zur Klärung der Frage nach der Abgrenzung zwischen Betriebsveranstaltungen einerseits und betrieblichen Repräsentationsveranstaltungen andererseits zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht. Hauptbezug: FG Baden-Württemberg v. 5.5.2015 - 6 K 115/13, NWB DokID: VAAAF-06929Verwandte Artikel:
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  • BFH, Urteil v. 12.12.2012 – VI R 79/10, NWB DokID: FAAAE-30147
  • BFH, Urteil v. 16.05.2013 - VI R 7/11 BStBl 2015 II S. 189, NWB DokID: MAAAE-45945
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