Der BFH sieht es als klärungsbedürftig an, ob eine zum Vorsteuerabzug erforderliche Rechnung die "vollständige Anschrift" bereits dann enthält, wenn der leistende Unternehmer in der von ihm über die Leistung ausgestellten Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er postalisch zu erreichen ist, oder ob der Vorsteuerabzug die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraussetzt, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet, und bittet den EuGH um Klärung (BFH, Beschluss v. 06.04.2016 - V R 25/15, veröffentlicht am 06.07.2016).
Hintergrund: Art. 226 MwStSystRL bestimmt zu den für den Vorsteuerabzug obligatorischen Rechnungsangaben, dass die ausgestellte Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers enthalten muss. § 14 UStG bestimmt, dass jede Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthalten muss. Sachverhalt: Strittig ist die Frage, ob die von einem Unternehmer geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen auch dann abziehbar sind, wenn es sich unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift des Lieferers lediglich um einen "Briefkastensitz" handelt, oder ob nur die Angabe derjenigen Anschrift des leistenden Unternehmers zum Vorsteuerabzug berechtigt, unter der der leistende Unternehmer seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Im vorliegenden Fall betrieb der Kläger in den Streitjahren 2009-2011 einen Kfz-Handel, in dessen Rahmen er Fahrzeuge von einer Firma kaufte, die in den von ihr angemieteten Räumen lediglich einen Onlinevertrieb unterhielt. Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen des Onlinevertriebs nicht in Abzug gebracht werden könnten, weil dieser unter der in den Rechnungen ausgewiesenen Anschrift keine Betriebsstätte habe. Das FG gab dem Kläger Recht, weil die Angabe der Anschrift i.S. des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht erfordere, dass dort geschäftliche Aktivitäten stattfänden. Zudem sei dem Kläger bereits aus Billigkeitsgründen der Vorsteuerabzug zu gewähren, denn er habe alles getan, was von ihm zumutbarer Weise verlangt werden könne, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen. Der Senat setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vor:
  1. Setzt Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraus, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet?
  2. FĂĽr den Fall, dass Frage 1. zu verneinen ist:
    a) Reicht fĂĽr die Angabe der Anschrift nach Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL eine Briefkastenadresse?
    b) Welche Anschrift ist von einem Steuerpflichtigen, der ein Unternehmen (z.B. des Internethandels) betreibt, das über kein Geschäftslokal verfügt, in der Rechnung anzugeben?
  3. Ist für den Fall, dass die formellen Rechnungsanforderungen des Art. 226 MwStSystRL nicht erfüllt sind, der Vorsteuerabzug bereits immer dann zu gewähren, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt oder der Steuerpflichtige die Einbeziehung in einen Betrug weder kannte noch kennen konnte oder setzt der Vertrauensschutzgrundsatz in diesem Fall voraus, dass der Steuerpflichtige alles getan hat, was von ihm zumutbarer Weise verlangt werden kann, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen?
Hinweis: Unter gleichem Datum hat auch der XI. Senat (BFH, XI R 20/14) den EuGH mit vergleichbarer Fragestellung angerufen. Quelle:NWB Datenbank (Sc) Hauptbezug: BFH, Beschluss v. 06.04.2016 - V R 25/15
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