Hintergrund: Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Vorgründungsgesellschaft, die allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtet wurde, als vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmerin angesehen werden kann, wenn diese Eingangsleistungen für die später gegründete Kapitalgesellschaft bezieht und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte (EuGH, Urteil v. 29.4.2004 - Rs. C-137/02, „Faxworld“ und BFH, Urteil v. 15.7.2004 - V R 84/99). Sachverhalt: Im Streitfall ging es um einen Arbeitnehmer (Kläger), der über eine von ihm zu gründende GmbH eine unternehmerische Tätigkeit aufnehmen wollte. Die GmbH sollte die Betriebsmittel einer anderen Firma im Rahmen eines Unternehmenskaufs erwerben. Der Kläger wurde hierfür durch eine Unternehmensberatung für Existenzgründer und einen Rechtsanwalt beraten. GmbH-Gründung und Unternehmenskauf unterblieben. Der Kläger ging gleichwohl davon aus, dass er zum Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes berechtigt sei. Dem folgte der BFH in letzter Instanz nicht. Hierzu führten die Richter weiter aus:
- Maßgeblich für den Anspruch auf Vorsteuerabzug ist die rechtliche Eigenständigkeit der GmbH.
- So wäre der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen, wenn er beabsichtigt hätte, das Unternehmen selbst zu kaufen, um es als Einzelunternehmer zu betreiben. Dies gilt auch für den Fall einer erfolglosen Unternehmensgründung.
- Auch ist der Kläger nicht als Gesellschafter einer zu gründenden GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Gesellschafter nur dann Unternehmer (Steuerpflichtiger), wenn er entgeltliche Leistungen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt (vgl. hierzu EuGH, Urteil v. 16.7.2015 - C-108/14 Larentia + Minerva, und C-109/14 Marenave Schiffahrt, Rz 19 ff.); der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen sind keine wirtschaftlichen Tätigkeiten, die den Gesellschafter zum Steuerpflichtigen (Unternehmer) machen.
- Anders ist es nur, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht und es sich hierbei um eine wirtschaftliche Tätigkeit gegen Entgelt handelt. Eine solche war durch den Kläger nicht geplant, da er nicht beabsichtigte, gegenüber der zu gründenden GmbH entgeltliche Leistungen zu erbringen.
- Darüber hinaus ist der Kläger auch nicht aufgrund eines Übertragungsvorgangs auf eine zu gründende Gesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt.
- Zwar kann auch ein Gesellschafter den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, wenn er Vermögensgegenstände erwirbt, um diese auf die GmbH zu übertragen (Investitionsumsatz).
- Ein Vorsteuerabzug kommt z.B. dann in Betracht, wenn er ein Grundstück erwirbt und dann in die GmbH einlegt.
- Demgegenüber waren die im Streitfall vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen - anders als die Vermögensgegenstände in den EuGH-Urteilen Faxworld (EU:C:2004:267) und Polski Trawertyn (EU:C:2012:107) zugrunde liegenden Rechtssachen - nicht übertragungsfähig. Daher war die Entscheidung der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Ass. jur. Andreas Illi (v.i.S.d.P.)
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