Der FachkrĂ€ftemangel hat im Jahr 2022 in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht. Daher ist es nur konsequent, dass Unternehmen Mittel und Wege suchen, qualifizierte Mitarbeitende zu finden und zu halten. Um als besonders attraktives Unternehmen wahrgenommen zu werden, bieten sich neben vielen weiteren AnsĂ€tzen arbeitgeberseitige Zusatzleistungen (Benefits) fĂŒr Mitarbeitende an. Die bei der Auswahl und der EinfĂŒhrung von Benefits aus arbeitsrechtlicher Perspektive zu beachtenden Aspekte sollen in diesem Beitrag skizziert werden.
Ausgangspunkt: Auswahl der einzufĂŒhrenden Benefits
Bei der Auswahl der Benefits ist es sinnvoll, zunĂ€chst eine Bestandsaufnahme zu machen und dabei insbesondere zu bewerten, welche Benefits bereits im Unternehmen angeboten werden, welche fehlen und welche hiervon mit angemessenem finanziellen und administrativen Aufwand eingefĂŒhrt werden können.
Typische Benefits sind:
- ZusÀtzliche finanzielle Leistungen und Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld/13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld, Signing-Boni, Retention-Boni, Inflationsausgleichs-/CoronaprÀmien)
- Die Ăberlassung eines Dienstwagens oder -fahrrads
- Arbeitgeberleistungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge
- Bezuschussung von Verpflegungs- oder Fahrtkosten
- Gesundheitsförderung (Sportkurse, Gesundheits-Checks, Fitnessstudiomitgliedschaften)
- UnterstĂŒtzung bei der Kinderbetreuung
- JubilÀumsprÀmien, Geburtstagsgutscheine
- MitarbeitervergĂŒnstigungen bei EinkĂ€ufen im Unternehmen des Arbeitgebers in Partnerunternehmen
- Mitarbeiterbeteiligung, etwa durch Aktienoptionen (Stock-Options)
Ist die Auswahl des Benefits getroffen, gilt es, bei deren EinfĂŒhrung einige arbeitsrechtliche Aspekte zu beachten.
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Die wichtigste Frage ist zunĂ€chst, ob es im Betrieb einen Betriebsrat gibt. Ist das der Fall, hat nĂ€mlich der Betriebsrat ĂŒber die EinfĂŒhrung neuer Benefits regelmĂ€Ăig nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.
Das Mitbestimmungsrecht nach dieser Vorschrift betrifft alle Leistungen des Arbeitgebers, die als Gegenwert oder im Zusammenhang mit der erbrachten Leistung gewĂ€hrt werden, gleichgĂŒltig, ob es sich hierbei um leistungsbezogene VergĂŒtungen oder freiwillige Leistungen, um einmalige oder laufende Zahlungen, um Geld- oder Sachleistungen handelt. Allerdings bezieht sich die Mitbestimmung bei der EinfĂŒhrung von Benefits nur auf die VerteilungsgrundsĂ€tze, also das âWieâ. Der Arbeitgeber darf (mitbestimmungs-)frei darĂŒber entscheiden, ob er eine Leistung einfĂŒhrt, wie viel Geld er fĂŒr die betreffende Leistung zur VerfĂŒgung stellt und welcher Zweck mit der Leistung verfolgt wird.
EingeschrÀnkte Mitbestimmung des Betriebsrats bei tarifgebundenen Unternehmen
Bei tarifgebundenen Unternehmen beschrĂ€nkt sich die Mitbestimmung des Betriebsrats auf nicht tariflich geregelte Benefits, also ĂŒbertarifliche Leistungen. Was bereits im anwendbaren Tarifvertrag geregelt ist, ist nicht mehr Gegenstand der Mitbestimmung. Soll ein bestimmter Benefit ganz oder teilweise durch die Umwandlung des tariflichen Entgelts der Mitarbeiter finanziert werden, ist unbedingt darauf zu achten, ob eine solche Entgeltumwandlung nach den einschlĂ€gigen tarifvertraglichen Regelungen ĂŒberhaupt zulĂ€ssig ist.
Verteilung von Benefits â der Gleichbehandlungsgrundsatz und das AGG
Bei der Entscheidung, welche Personen bestimmte Benefits erhalten sollen, sind zudem der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) zu beachten. Sollen nicht alle BeschĂ€ftigten die zusĂ€tzlichen Leistungen erhalten, ist zu prĂŒfen, ob es fĂŒr die Unterscheidung von Personengruppen eine sachliche Rechtfertigung gibt. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass bei der Festlegung des Kreises der BegĂŒnstigten nicht bestimmte Personen wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale diskriminiert werden.
Benefits in Unternehmen ohne Betriebsrat
Existiert kein Betriebsrat, liegt nicht nur das âObâ, sondern auch das âWieâ im Ermessen des Unternehmens. Arbeitgeber mĂŒssen aber die allgemeinen rechtlichen GrundsĂ€tze â Gleichbehandlungsgrundsatz, AGG, tarifliche EinschrĂ€nkungen â beachten. AuĂerdem sollten sie sicherstellen, dass sie sich nicht ĂŒber eine sog. betriebliche Ăbung ungewollt dauerhaft an die GewĂ€hrung des Benefits binden.
AbschlieĂend: die richtige Kommunikation
Vor der EinfĂŒhrung von Mitarbeiterbenefits sollte eine passende Kommunikationsstrategie erarbeitet werden. Frei nach dem Motto âTue Gutes und sprich darĂŒberâ ist eine Kommunikationsplanung fĂŒr den gewĂŒnschten Erfolg, nĂ€mlich die Steigerung der AttraktivitĂ€t als Arbeitgeber, unerlĂ€sslich.
Roman Kies berĂ€t in allen Bereichen des Individualund Kollektivarbeitsrechts. Sein Schwerpunkt liegt in der Begleitung mittelstĂ€ndischer und GroĂunternehmen bei Restrukturierungen, PersonalanpassungsmaĂnahmen, BetriebsĂŒbergĂ€ngen und Outsourcing-Projekten sowie bei Transaktionen. Besondere Expertise besitzt er auĂerdem in Fragen der Mitbestimmung des Betriebsrats, insbesondere mit Blick auf VergĂŒtungssysteme und IT. Er verhandelt Betriebsvereinbarungen, Interessenausgleiche sowie SozialplĂ€ne und berĂ€t zur Ăberleitung von VergĂŒtungssystemen ebenso wie zur Ănderung von Versorgungsordnungen (betriebliche Altersversorgung). Roman Kies kam 2019 zu CMS. Seit 2023 ist er Counsel.
Benjamin MĂŒnnich berĂ€t bei der Gestaltung von Arbeits- und DienstvertrĂ€gen, bei der Anpassung von Arbeitsbedingungen und zu beschĂ€ftigungsrelevanten Fragen im Kontext der Datenschutz-Grundverordnung. Er begleitet zudem kĂŒndigungsrechtliche Auseinandersetzungen und Aufhebungsverhandlungen. Bei Unternehmensumstrukturierungen unterstĂŒtzt er die Verhandlungen zu Interessenausgleich, Sozialplan und PersonalanpassungsmaĂnahmen. Seine Fachkenntnisse erstrecken sich auch auf das Tarif- und Betriebsverfassungsrecht.
Roman Christian Kies & Benjamin MĂŒnnich
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Dieser Beitrag wurde zuerst auf dem CMS-Blog veröffentlicht.