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Neues zur Abgrenzung Geldleistung vs. Sachbezug (Gutscheine & Co.)

Endlich! Das BMF hat mit Schreiben v. 13. April 2021 zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug Stellung genommen. Unser Dozent Dipl.-Finw. Michael Seifert fasst für Sie die wichtigsten Punkte zusammen und zeigt Ihnen anhand von verschiedenen Beispielen auf, welche Leistungen und Gutscheine bzw. Geldkarten als Sachbezug und welche als Geldleistung zu qualifizieren sind.

Hintergrund für das BMF-Schreiben ist eine ab dem 1.1.2020 zur Anwendung kommende Gesetzesänderung, die vornehmlich auch für die lohnsteuerliche Einordnung von Gutscheinen von Bedeutung ist. Die Finanzverwaltung hat eine Nichtbeanstandungsregelung festgelegt, so dass erst ab 2022 Gutscheingestellungen die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG zu erfüllen haben.

1. Vorbemerkung

Lohnsteuerlich ist die Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug für die Anwendung bestimmter Regelungen bedeutsam.

  • Nur auf mit dem Marktpreis bewerteten, steuerpflichtigen und nicht pauschalierten Sachbezug  gilt die 44 EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR).
  • Nur für (bestimmten) Sachbezug kann eine Pauschsteuer gem. § 37b Abs. 1 und/oder Abs. 2 EStG angewandt werden.
  • Aufmerksamkeiten aus besonderem persönlichen Anlass sind nur bei Vorliegen von Sachzuwendungen bis 60 EUR je Anlass kein Arbeits¬lohn.  Geldleistungen zählen hingegen stets zum Arbeitslohn.

2. Gesetzesänderung

Mit Wirkung ab 2020 hat der Gesetzgeber in § 8 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG eine Regelung zur Abgrenzung zwischen Geldleistungen und Sachbezug beschlossen.

Wortlaut § 8 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG (n. F.)

„Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.

Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.“

3. Nichtbeanstandungsregelung

Durch den Verweis in § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG auf das ZAG sind zahlreiche Fragen aufgekommen, welcher Gutschein diese Voraussetzungen erfüllt. Die Finanzverwaltung beanstandet es vor diesem Hintergrund nicht, wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllen, noch bis zum 31. Dezember 2021 als Sachbezug anerkannt werden. Diese Nichtbeanstandungsregelung gilt auch in der Sozialversicherung – ebenso rückwirkend ab 2020.

4. Erhöhung der 44 EUR-Freigrenze auf 50 EUR ab 2022

Mit Wirkung ab dem VZ 2022 hat der Gesetzgeber die 44 EUR-Freigrenze auf 50 EUR erhöht.

5. Zweckgebundene Geldleistungen (= Barlohn)

Zweckgebundene Geldleistungen werden dem Barlohn zugerechnet.

6. Nachträgliche Kostenerstattung und Abgrenzung zu Auslagenersatz

Auch eine nachträgliche Kostenerstattung führt nach § 8 Abs. 1 Satz 2 EStG zu  einer Geldleistung.

7. Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten

7.1 Grundsätzliches
Geldsurrogate und Gutscheine, die auf einen Geldbetrag lauten, können aufgrund der Rückfallklausel in § 8 Abs. 1 S. 3 EStG aber als Sachbezug eingeordnet werden. Dies bedarf einer Prüfung im jeweiligen Einzelfall.
Für das Vorliegen eines Sachbezugs ist Voraussetzung, dass die Gutscheine und Geldkarten

  • ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und
  • die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdienste¬aufsichtsgesetzes (kurz: ZAG) erfüllen (ausgesetzt bis zum 31. Dezember 2021 ).

Praxishinweis

Zu den Gutscheinen zählen z. B. Gutscheinkarten, digitale Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutschein-Apps.

7.2 Ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen

Gutscheine und Geldkarten müssen ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Danach sind insbesondere Gutscheine oder Geldkarten nur ausnahmsweise als Geldleistung zu behandeln, wenn sie

  • über eine Barauszahlungsfunktion (z. B. Visa-Karten, MasterCard und American-Express-Karten), anders: Bezahlfunktion verfügen; es wird von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können,
  • über eine eigene IBAN verfügen,
  • für Überweisungen (z.B. PayPal) verwendet werden können,
  • für den Erwerb von Devisen (z.B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder
  • als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

Praxishinweis

Es sollte bei dem jeweiligen (Karten-)Anbieter nachgefragt werden, ob diese Voraussetzungen einzuhalten sind. Sicherzustellen ist insbesondere, dass eine Barauszahlungsfunktion deaktiviert ist. Alleine eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer reicht nicht aus. Die bis zum 31.12.2021 geltende Nichtanwendungsregelung gilt hierfür nicht.

7.3 Wortlaut: § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG (ausgesetzt bis zum 31. Dezember 2021)

Als Zahlungsdienste gelten nicht …

„10. Dienste, die auf Zahlungsdienste beruhen, die

  • für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten eingesetzt werden können,
  • für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt werden können, oder
  • beschränkt sind auf den Einsatz im Inland und auf Ersuchen eines Unternehmens oder einer öffentlichen Stelle für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmungen für den Erwerb der darin bestimmten Waren oder Dienstleistungen von Anbietern, die eine gewerbliche Vereinbarung mit dem Emittenten geschlossen haben, bereitgestellt werden;“

Praxishinweis

Das BMF-Schreiben geht im Detail darauf ein, welche Gutscheine die unterschiedlichen Voraussetzungen des ZAG erfüllen. Unternehmen sollten ihre bisherige Gutscheinpraxis spätestens ab 1.1.2022 an die neuen Regelungen anpassen. Weitergehende Informationen, wie eine Anpassung der Gutscheine vorzunehmen ist, geben wir in unserem neuen Videoseminar.

8. Versicherungsschutz als Sachbezug

Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann auch Versicherungsschutz als Sachbezug anzusehen sein.

  • Die Gewährung von Versicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken¬versicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber.  Nach diesen Grundsätzen dürfte auch eine Auslandskrankenversicherung, Krankentagegeldversicherung und eine Krankenzusatzversicherung, bei der der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist und dem Arbeitnehmer lediglich ein Versicherungsschutz verschafft wird, als Sachbezug einzuordnen sein.

Praxishinweis

Barlohn liegt bei einer Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Krankenversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer vor, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag abschließt.

  • Die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeit¬nehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann und die Beiträge nicht nach § 40b Abs. 3 EStG (100 EUR-Regelung) pauschaliert werden können.
  • Für die betrieblichen Altersvorsorgebeiträge, die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sind, kommt die 44 EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR) nicht zur Anwendung.

9. Zuflusszeitpunkt bei Gutscheinen

Zum Zuflusszeitpunkt bei Warengutscheinen bzw. Wertguthabenkarten gilt Folgendes:

  • Warengutscheine, die nur beim eigenen Arbeitgeber eingelöst werden können, stellen einen Sachbezug dar. Dies gilt – unverändert – selbst dann, wenn der Gutschein (nur) auf einen EUR-Betrag lautet.

    Arbeitslohn fließt dem Arbeitnehmer mit der Einlösung des Warengutscheins zu.  Der Rabattfreibetrag kann hierauf zur Anwendung kommen.
     
  • Der Warengutschein, der bei einem Dritten einzulösen ist, kann auch eine Sachzuwendung sein. Arbeitslohn fließt dem Arbeitnehmer bereits mit Hingabe des Warengutscheins zu.

Praxishinweis

Wird eine Prepaid-Card oder eine Shopping-Card aufgeladen, fließt der geldwerte Vorteil jeweils im Aufladezeitpunkt zu. Die Aufladegebühr, die der Arbeitgeber übernimmt, wird von der Finanzverwaltung bei Anwendung der 44 EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR) nicht als Arbeitslohn gewertet.

10. 44 EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR) und Zusatzleistung

Die mit dem Marktpreis  bewerteten steuerpflichtigen und nicht pauschalierten geldwerten Vorteile  bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 EUR (ab 2022: 50 EUR) im Kalendermonat nicht übersteigen.

Der Gesetzgeber hat diese Regelung mit Wirkung ab 2020 ergänzt. Danach bleiben die als Sachbezug einzuordnenden Gutscheine und Geldkarten nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn  gewährt werden.

Die Ergänzung des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG soll sicherstellen, dass Gutscheine und Geldkarten nur dann unter die 44-EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR) fallen, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Der steuerliche Vorteil soll insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen sein.

Praxishinweis

Diese Rechtsänderung gilt für die Abrechnungen seit 2020.

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