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Kann ChatGPT Buchführung und Steuerrecht?

ChatGPT eröffnet neue Wege, um Arbeitsprozesse in Steuerkanzleien sowie im betrieblichen Rechnungswesen zu optimieren. Es ist in der Lage, auf eine konkrete Frage ausführliche Texte zu generieren – von der Beantwortung kurzer Fragen bis hin zur Analyse großer DatenbestĂ€nde. Das schauen wir uns einmal genauer an.

ChatGPT in der tÀglichen Arbeit

Als Praktiker stellt man sich doch eigentlich direkt die Frage, inwieweit ChatGPT das deutsche Steuer- und Handelsrecht überhaupt „verstanden“ hat. Um dies herauszufinden, hat Taxy.io, ein Aachener Tax-Startup, ChatGPT hierzu Aufgaben aus der Prüfung für Steuerfachangestellte beantworten lassen. Die kostenpflichtige Version 4 von ChatGPT bestand mit 54 % der erreichbaren Punkte die Prüfung gerade noch so. Die kostenfreie Version 3 fiel mit 42 % durch. ChatGPT verfügt also über grundlegende Kenntnisse im Steuer- und Handelsrecht – so weit, so gut. Bei komplexeren Fragestellungen stĂ¶ĂŸt ChatGPT zum Teil noch an seine Grenzen. Der Einsatz von ChatGPT erfordert daher stets eine Kontrolle und Überprüfung durch den menschlichen Experten. Einige Kanzleien und Unternehmen haben ChatGPT, trotz der eben genannten fehlenden fachlichen Tiefe, bereits erfolgreich in ihren Alltag integriert. Beispiele für potenzielle Anwendungsbereiche sind:

  • Datenanalyse: Daten effizient auswerten und Erkenntnisse gewinnen
  • Kommunikation: praktische VorschlĂ€ge für die Formulierung
  • professioneller Korrespondenz
  • Kalkulation: Unterstützung bei ersten Berechnungen
  • Urteile zusammenfassen: zentrale Aspekte umfangreicher
  • Gerichtsurteile hervorheben und zusammenfassen
  • Erstellung von Lageberichten: Anfertigung von umfassenden Lageberichten
  • Interne Checklisten: Zusammenstellung interner Checklisten
  • Excel-Formeln: Im Umgang mit MS Excel assistiert ChatGPT bei der Formulierung und dem VerstĂ€ndnis von Formeln

Gibt es Risiken und Nebenwirkungen?

Trotz der enormen Fortschritte von KI in den letzten Jahren bestehen Risiken bei der „falschen“ Anwendung von ChatGPT. Ein kritischer Aspekt bei der Nutzung von ChatGPT sind die sogenannten „Halluzinationen“. Diese treten auf, wenn für eine gestellte Frage keine spezifischen Informationen vorliegen. Solche „Halluzinationen“ sind Antworten, die plausibel erscheinen, aber nicht auf tatsĂ€chlichen Fakten basieren. Die Antworten stützen sich lediglich auf mathematische Wahrscheinlichkeiten und verfügen nicht über die menschliche FĂ€higkeit, zu beurteilen, ob eine Information faktisch korrekt ist. Daher kann es vorkommen, dass ChatGPT z. B. ein Gesetz oder ein Gerichtsurteil schlicht „erfindet“. So hat beispielsweise ein Anwalt in den USA eine von ChatGPT erstellte Klage eingereicht, die sich auf fiktive PrĂ€zedenzfĂ€lle bezog. ChatGPT arbeitet mit Daten bis zum Rechtsstand von September 2021. Neuere Gesetze, Richtlinien oder Gerichtsurteile finden derzeit keine Berücksichtigung. Vor dem Hintergrund der sich stĂ€ndig Ă€ndernden Gesetzeslage, z. B. im Steuerrecht, sollte man diese EinschrĂ€nkung immer im Hinterkopf behalten. Ganz zu schweigen vom Datenschutz. GemĂ€ĂŸ der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sollten Anwender personenbezogene Daten stets anonymisieren.

Wo geht die Reise hin?

Die Technologie von ChatGPT wird derzeit schrittweise unter der Bezeichnung Copilot in die verschiedenen MS Office Produkte integriert. Dies ermöglicht es, Fragen oder Befehle direkt in Word-, Excel- oder PowerPoint-Dateien einzugeben. Die Technologie von ChatGPT hat auch mit dem Otto Schmidt Verlag Einzug in den ersten Fachverlag gehalten.

FAZIT

ChatGPT bietet bereits heute zahlreiche Möglichkeiten, sich den Arbeitsalltag zu erleichtern und ihn effizienter zu gestalten. Gleichzeitig ist es von entscheidender Bedeutung, sich der technischen Grenzen und rechtlichen Risiken bewusst zu sein. Durch die stetige Verbesserung der KI-Modelle und die Integration in gÀngige Anwendungen wird der Anwendungsbereich von ChatGPT weiter wachsen

Über den Autor:

Jan Dobinsky ist Diplom-Wirtschaftsjurist und selbstÀndiger Berater im TaxTech. Er vermittelt bei der Steuer-Fachschule Dr. Endriss praxisnah Kenntnisse und Best-Practice-Methoden zu den verschiedenen Themen im TaxTech.

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