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Früher litten wir an Verbrechen, heute an Gesetzen

...erkannte schon vor 2.000 Jahren Tacitus, und der kannte unser modernes Rechtssystem noch nicht, hervorgegangen aus Regelungswut und Lobbyismus. Wir regeln den Verkauf von FFP2-Masken gegen eine Gebühr, die mehr Verwaltungskosten verursacht als Einnahmen. Aber wir stellen die notwendigen Corona-Hilfen steuerpflichtig, was schon allein das Wort "Hilfe" ad absurdum führt.

Die Corona-Krise legt den seit Jahrzehnten angewachsenen Reformstau in Deutschland schonungslos offen.

Die Corona-Krise legt den seit Jahrzehnten angewachsenen Reformstau in Deutschland schonungslos offen: In fast allen Bereichen bekämpfen wir nur Symptome, aber nicht die "Krankheiten". Wir brauchen echte Reformen in der Wohnungsbaupolitik und in der Gesundheitspolitik, eine Steuerreform, die ihren Namen verdient, eine Rentenreform - und ganz besonders Reformen in der Schulpolitik. Aber kann ein Staat mit 17 Parlamenten und mehr als 6.000 Interessensverbänden dies überhaupt noch bewältigen oder stehen wir uns dabei wieder selbst im Weg? Nun, die Zeit wird zeigen, ob wir wirklich noch lernfähig sind, denn die aktuelle Krise kann auch eine Chance sein.

Aber so langsam zeigt sich wieder Normalität, hat doch der Deutsche Bundestag neben den unzähligen Corona-Hilfe-Gesetzen nun auch wieder bodenständige Probleme angepackt und geregelt. Nachdem wohl ein Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums einen diesbezüglichen satirischen Beitrag gelesen hate, wurde am 09.03.2021 das "Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen" vom Deutschen Bundestag veröfentlicht , und das auch noch unglaublich zügig, stammt doch der Gesetzentwurf dazu erst vom 26.01.2021.

Das am 05.01.1938 in Kraft getretene „Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen“ (sog. Namensänderungsgesetz) ist auch heute immer noch gültig, wenngleich sein Regelungsgehalt heute ein ganz anderer ist. Aber es ist sprachlich weiterhin so gefasst, als wäre das Deutsche Reich nach wie vor ein existierender Staat, denn § 1 des Namensänderungsgesetzes lautete tatsächlich bis zum 09.03.2021: „Der Familienname eines deutschen Staatsangehörigen oder eines Staaten- losen, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Deutschen Reich hat, kann auf Antrag geändert werden.“ Und inhaltlich werden ernsthaft im Gesetz selbst Begriffe wie „Reichsregierung“ oder „Reichs- minister des Inneren“ verwendet. Obwohl das Namensänderungsgesetz in der Vergangenheit bereits mehrfach überarbeitet worden ist, wurden die genannten Bezeichnungen nie den Begrifflichkeiten der Bundesrepublik angepasst. Dies ist nun endlich – mit 72-jähriger Verspätung – geschehen.

Ich persönlich habe dies mit Bedauern zu Kenntnis genommen, würzen doch derartige juristische Stilblüten immer wieder meine Vorträge. Ich werde mir wohl ein anderes Bonmot überlegen müssen. Und ich habe auch schon eine Idee. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Landes Hessen lautet auch heute noch: „Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden.“ Auch wenn bekanntlich Bundesrecht Landesrecht bricht (Art. 31 und Art. 102 GG), läuft einem doch ein kleiner Schauer über den Rücken, wenn man an die aktuellen Gesetzesübertre- tungen von Politikern in der Krise denkt. Oder an schwere Steuerhinter- ziehung nach § 371 Abs. 3 AO.

Bleiben Sie negativ, aber denken Sie positiv.

Wie sieht die Welt nach der Pandemie aus? Wir wollen doch alle dabei sein und erleben, wie sich Politiker gegenseitig mit vollkommen absurden Vorschlägen zu Steuererhöhungen überbieten, um das Milliardenloch im Haushalt zu stopfen, gleichzeitig aber die wiederaufkeimende Wirtschaft nicht zu ersticken.

Mehr über den Autor:

Dipl.-Finanzwirt Ralf Sikorski ist nach langjähriger Dozententätigkeit an der Fachhochschule für Finanzen in Nordrhein-Westfalen heute Sachgebietsleiter in einem Finanzamt. Seine Dozentenrolle nimmt er daneben immer noch bei zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen wahr. Darüber hinaus hat er sich als Autor diverser steuerlicher Lehr- und Praktikerbücher einen Namen gemacht. Seine Stilblütensammlungen „Meine Frau ist eine außergewöhnliche Belastung“, „Wo bitte kann ich meinen Mann absetzen“ und „Ich war Hals über Kopf erleichtert“ sowie das Märchenbuch „Von Steuereyntreibern und anderen Blutsaugern“ runden sein vielfältiges Tätigkeitsbild ab. Sein aktuelles satirische Werk „Im Namens des Volkes“ erhältlich im Erich-Schmidt-Verlag finden Sie hier.

Bild: Ausschnitt aus einer karrikaturistischen Zeichnung von Philipp Heinisch

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