Hintergrund:
Bei kleineren Photovoltaikanlagen (bis 10 kW) und vergleichbaren BHKW war auf schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt grundsätzlich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor (BMF, Schreiben v. 2.6.2021 - IV C 6 -S 2240/19/10006 :006 - aufgehoben).
Das BMF erläutert in seinem aktuellen Schreiben u.a.:
- Betreibt eine steuerpflichtige Person oder eine Mitunternehmerschaft ausschließlich eine oder mehrere Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtleistung (Summe der installierten Leistung aller Photovoltaikanlagen einer steuerpflichtigen Person/einer Mitunternehmerschaft) von bis zu 10,0 kW/kWp (maßgeblich ist die installierte Leistung i. S. d. § 3 Nummer 31 EEG 2021) und/oder ein oder mehrere BHKW mit einer installierten elektrischen Gesamtleistung von bis zu 2,5 kW ist auf schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden und es sich daher um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei handelt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
- Bei Mitunternehmerschaften ist der Antrag durch den Vertreter/den Empfangsbevollmächtigen oder alle Mitunternehmer gemeinsam zu stellen.
- Alle Photovoltaikanlagen/BHKW, die von einer antragstellenden Person betrieben werden, bilden dabei einen einzigen Betrieb, so dass die jeweiligen Leistungen fĂĽr die Ermittlung der 10,0 kW/kWp-Grenze zu addieren sind. Das gilt sowohl fĂĽr Anlagen, die sich auf demselben GrundstĂĽck befinden als auch fĂĽr Anlagen auf verschiedenen GrundstĂĽcken. Dabei ist unerheblich, ob die Anlagen technisch voneinander getrennt sind. Auch solche Anlagen sind einzubeziehen, die die ĂĽbrigen Voraussetzungen der Vereinfachungsregelung nicht erfĂĽllen (z. B. Anlagen, deren Strom einem Mieter des Antragstellers zur VerfĂĽgung gestellt wird).
- Eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von über 10,0 kW/kWp, deren maximale Werkleistungseinspeisung aufgrund der Regelung § 6 Absatz 2 Nummer 2 EEG 2012 bzw. § 9 Absatz 2 Nummer 2 EEG 2021 auf 70 % der installierten Leistung begrenzt ist und damit eine tatsächliche Leistung von bis zu 10,0 kW/kWp erbringt, ist keine Photovoltaikanlage i. S. d. Regelung.
- Der von der Photovoltaikanlage/dem BHKW erzeugte Strom wird neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht. Die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken steht der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gleich. Der Verbrauch des erzeugten Stroms in einem häuslichen Arbeitszimmer ist unschädlich. Der (teilweise) Verbrauch des durch die Photovoltaikanlage/das BHKW erzeugten Stroms durch einen Mieter oder zu anderweitigen eigenen oder fremden betrieblichen Zwecken muss technisch ausgeschlossen sein. Dies gilt nicht, wenn die Mieteinnahmen 520 € im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten (vgl. R 21.2 Absatz 1 Satz 2 EStR). Wird die Photovoltaikanlage/das BHKW von einer Mitunternehmerschaft betrieben, reicht es aus, wenn der erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und daneben von mindestens einem Mitunternehmer privat zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
- Der Antrag, der beim örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen ist, wirkt in allen offenen Veranlagungszeiträumen und auch für die Folgejahre. In diesen Fällen ist eine Anlage EÜR für den Betrieb der Photovoltaikanlage/des BHKW für alle offenen Veranlagungszeiträume nicht mehr abzugeben.
- Veranlagte Gewinne und Verluste aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen, die verfahrensrechtlich einer Änderung noch zugänglich sind (z. B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen), sind nicht mehr zu berücksichtigen. Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung ist kein Fall des § 7g Absatz 4 EStG, da insoweit keine schädliche Verwendung der Investition vorliegt.
- Bei Photovoltaikanlagen/BHKW, die vor dem 1.1.2004 in Betrieb genommen wurden, und die nach dem Auslaufen der Förderung in die Einspeisevergütung i. S. d. § 21 Abs. 1 Nummer 3 EEG 2021 eintreten (sog. ausgeförderte Anlagen), können frühestens nach 20 Jahren Betriebsdauer zur Liebhaberei übergehen.
- Für Veranlagungszeiträume, in denen die Voraussetzungen nicht ganzjährig vorliegen (z. B. bei Nutzungsänderung, Vergrößerung der Anlage(n) über eine Gesamtleistung von 10,0 kW/kWp), ist die Vereinfachungsregelung unabhängig von der Erklärung der steuerpflichtigen Person/der Mitunternehmerschaft nicht anzuwenden. Sie hat den Wegfall der Voraussetzungen dem zuständigen Finanzamt schriftlich mitzuteilen. Es ist eine Anlage EÜR abzugeben.
- Unabhängig von den Regelungen dieses Schreibens bleibt es der steuerpflichtigen Person unbenommen, eine Gewinnerzielungsabsicht nach Maßgabe von H 15.3 EStH nachzuweisen.
Hinweise
Bei Neuanlagen, die nach dem 31.12.2021 in Betrieb genommen werden, ist der Antrag bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt. Bei Altanlagen (Inbetriebnahme vor dem 31.12.2021) ist der Antrag bis zum 31.12.2022 zu stellen.
Das Schreiben tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 2.6.2021 - IV C 6 - S 2240/ 19/10006:003, das hiermit aufgehoben wird.
Das vollständige Schreiben ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Lesetipp: In der NWB 45/2021 erscheint ein ausführlicher Aufsatz zum neuen BMF-Schreiben. Die Vorabveröffentlichung werden wir hier verlinken.
Zum Schwerpunkt-PV Anlagen gelangen Sie hier.
Quelle: BMF online (JT)
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