Sachverhalt: Die Klägerin ist die Mutter einer im März 1991 geborenen Tochter. Die Tochter befand sich bis Juli 2013 in einer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Von November 2013 bis Juli 2016 absolvierte sie einen berufsbegleitenden Angestelltenlehrgang II zur Verwaltungsfachwirtin. Daneben stand sie in einem Vollzeitarbeitsverhältnis bei einer Stadtverwaltung.
Die Familienkasse lehnte eine Weiterzahlung des Kindergelds ab August 2013 mit der Begründung ab, dass die Tochter bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen habe und während der Zweitausbildung einer zu umfangreichen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt. Es sah den Angestelltenlehrgang II noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung an und verpflichtete die Familienkasse, das Kindergeld bis März 2016 weiterzuzahlen.
Nach Auffassung des BFH war die Revision der Familienkasse begründet:
- Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst.
- Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen zu fassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.
- Eine solche einheitliche Erstausbildung liegt jedoch dann nicht mehr vor, wenn die nach Erlangung des ersten Berufsabschlusses aufgenommene Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Beruf dienen.
Hinweise: Dagegen lehnte der BFH eine Dienstanweisung der Familienkassen ab, nach der eine einheitliche Erstausbildung nur dann angenommen werden könne, wenn die Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts vorgelegt wird. Ebenso wenig sah es der BFH als schädlich an, dass der zweite Ausbildungsabschnitt eine Erwerbstätigkeit zur Abschlussvoraussetzung macht.
In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem die Tochter nach der Ausbildung zur Bankkauffrau ein berufsbegleitendes Studium zur Bankfachwirtin aufnahm, widersprach der BFH mit einem weiteren Urteil v. 21.3.2019 - III R 17/18 zudem der Verwaltungsauffassung, dass eine einheitliche Erstausbildung nur dann in Betracht komme, wenn sämtliche Ausbildungsmaßnahmen öffentlich-rechtlich geordnet sind.
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 18.7.2019 zu den Urteilen v. 20.2.2019 – III R 42/18 und v. 21.3.2019 – III R 17/18; NWB DokID´s GAAAH-23040 sowie JAAAH-23039 (cr)
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