Hintergrund: Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen (sog. Sammelpunkt), gilt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort entsprechend (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).
Sachverhalt: Der Kläger ist bei einer KG als Baumaschinenführer angestellt. Zu den jeweiligen Arbeitsorten (Baustellen) gelangte er im Streitjahr entsprechend einer betriebsinternen Anweisung der KG jeweils mit einem Sammelfahrzeug seines Arbeitgebers. Dies betraf sowohl Fahrten mit täglicher Rückkehr als auch Fahrten zu sonstigen Arbeitsorten, an denen der Kläger (mehrtägig) übernachtete. Die Einsätze auf den "Fernbaustellen" dauerten in der Regel die gesamte Woche.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit u.a.: Fahrtkosten 15 km x 145 Tage x 0,30 € x 2 = 1.305 €. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen nur mit der Entfernungspauschale i. H. von 653 €.
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies zurĂĽck an der FG zur anderweitigen Verhandlung:
- Ein "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen erfordert kein ausnahmsloses Aufsuchen des vom Arbeitgeber festgelegten Orts oder Gebiets an sämtlichen Arbeitstagen des Arbeitnehmers. Ein nach Weisung "typischerweise fahrtägliches" Aufsuchen genügt aber nicht.
- Für die Frage, ob der Arbeitnehmer denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet aufgrund der Weisung des Arbeitgebers "dauerhaft" aufzusuchen hat, ist die Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG entsprechend heranzuziehen.
- Im zweiten Rechtsgang wird das FG daher aufzuklären haben, ob der Kläger gemäß den Weisungen des Arbeitgebers bei einer ex ante Betrachtung den Betriebssitz seines Arbeitgebers als von diesem festgelegten Ort (Sammelpunkt) auch typischerweise arbeitstäglich aufsuchen sollte. Dabei wird es u.a. entscheidend darauf ankommen, ob von vornherein feststand, dass der Kläger nicht nur auf eintägigen Baustellen eingesetzt werden würde, sondern auch auf mehrtägigen Fernbaustellen. Hierfür kann auch die Betriebsstruktur des Arbeitgebers eine Rolle spielen.
Quelle: BFH, Urteil v. 19.4.2021 - VI R 6/19; NWB Datenbank (JT)
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