Hintergrund: Verschärfung des Reisekostenrechts
Die Gesetzesverschärfung im Reisekostenrecht steht im Zusammenhang mit einer zuvor ergangenen bürgerfreundlichen Rechtsprechung des BFH - und richtet sich ausweislich der Gesetzesbegründung gegen die steuerliche Anerkennung einer doppelten Hausführung in Fällen, in denen ledige Arbeitnehmer außerhalb des Ortes ihrer ersten Tätigkeitsstätte - ggf. zusammen mit Geschwistern - eine unentgeltlich überlassene Wohnung oder ein Zimmer im Haus der Eltern bewohnen (sog. Mehrgenerationenhaushalte).
Sachverhalt: Eine solche Konstellation lag im Streitfall zugrunde. Der Kläger, ein lediger Arbeitnehmer, bewohnte im Streitjahr in seinem Elternhaus zusammen mit seinem Bruder eine nicht abgeschlossene Obergeschosswohnung. Die Eltern, mit denen er keinen Mietvertrag geschlossen hatte, lebten im Erdgeschoss. Daneben unterhielt er am Arbeitsort eine gemietete Zweitwohnung. Der Kläger beteiligte sich zwar nicht an den laufenden Haus- und Nebenkosten, überwies jedoch im Dezember des Streitjahres einen Betrag von 1.200 € (mtl. Kostenbeteiligung für Januar bis Dezember von je 100 €) sowie einen Betrag von 550 € (Beteiligung an der Fenstererneuerung). Zudem konnte er nachweisen, dass er Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe am Ort des Haupthausstandes in Höhe von 1.410 € getätigt hatte.
Das FA lehnte den Abzug der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltführung ab, weil eine erforderliche Beteiligung an den laufenden Haus- und Wohnungskosten nicht rückwirkend herbeigeführt werden könne. Die Beteiligung an der Fenstererneuerung sei im Übrigen nicht verpflichtend gewesen.
Das FG ist dem entgegengetreten und hat der Klage stattgegeben:
- Das FG hat sich mit allen in der steuerrechtlichen Literatur vertretenen Meinungen zu den neuen gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der „finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“ ausführlich auseinandergesetzt.
- Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann mithin eine Beteiligung an den laufenden Kosten der Haushaltsführung weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung entnommen werden.
- Danach sind - wie im Streitfall - auch einmalige oder außergewöhnliche Kostenbeiträge anzurechnen. Auf den Zahlungszeitpunkt - Anfang, Mitte oder Ende des Jahres - kommt es nach Auffassung des FG ebenfalls nicht an. Die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen erfüllen danach das Merkmal der „finanziellen“ Beteiligung nicht.
- Im Ergebnis beteiligte sich der Kläger aber oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 v.H., und damit erkennbar ausreichend an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten.
Hinweis: Das beklagte FA hat mittlerweile Revision eingelegt. Diese ist unter dem Az. VI R 39/19 beim BFH anhängig.
Die entschiedenen Rechtsfragen dürften aufgrund einer Vielzahl vergleichbarer Fallkonstellationen erhebliche praktische Relevanz haben. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes aus 2018 sind immerhin mehr als 25 v.H. aller Haushalte in Deutschland sog. Mehrpersonenhaushalte mit zwei Generationen. Den Volltext der Entscheidung können Sie in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz recherchieren. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Quelle: Niedersächsisches FG Newsletter 1/2020 vom 15.1.2020 (ImA)
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