Hintergrund: Behandlung von Gesellschafterdarlehen
Grundsätzlich sind Substanzverluste im Privatvermögen steuerlich irrelevant. Zu diesen zählt auch der Verlust einer Darlehensforderung eines Anteilseigners gegen dessen Kapitalgesellschaft, soweit er das Darlehen wie ein fremder Dritter gewährt hat. Denn mit solchen Darlehen unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 20 EStG, so dass ein Ausfall bzw. Verlust nach der sog. Quellentheorie einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist.
Soweit ein Anteilseigner i.S.d. § 17 EStG jedoch seine Darlehensforderung endgültig ganz oder teilweise verliert (z. B. im Rahmen der Auflösung der Kapitalgesellschaft durch Insolvenz oder durch Liquidation), ist sie dem Grunde nach als nachträgliche Anschaffungskosten i. S. des § 17 EStG zu qualifizieren, wenn und soweit sie auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses gewährt worden ist. Für die Qualifikation als nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG reicht der völlige oder teilweise Verlust des Darlehens im Rahmen der Insolvenz oder der Liquidation aus (vgl. Deutschländer, Grundlagen, II dd) Darlehensverluste).
Sachverhalt: Die klagenden Eheleute gewährten einer GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann war, im Januar 2012 ein Darlehen. Im März 2012 riet die Hausbank der GmbH zu einer Umschuldung. Im Dezember 2012 gewährte die Hausbank den Klägern einen Kredit, welcher als Gesellschafterdarlehen dienen sollte. Im Juni 2013 gewährten die Kläger der GmbH ein weiteres Darlehen. Die GmbH wurde zum 31.12.2014 aufgelöst. Die beiden Darlehen wurden nicht vollständig an die Kläger zurückgezahlt.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten die Kläger für den Kläger einen Auflösungsverlust i.S.d. § 17 EStG geltend. Sie vertraten die Ansicht, dass bei der Verlustberechnung die beiden nicht zurückgezahlten Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung des Klägers zu berücksichtigen seien. Die Darlehen seien erforderlich gewesen, um den Kapitalbedarf der unterkapitalisierten GmbH mit Fremdmitteln abzudecken. Ob ein Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter habe, sei nach der Einführung des MoMiG vom 23.10.2008 nicht mehr erheblich.
Das beklagte FA folgte dieser Berechnung nicht. Es vertrat die Auffassung, dass die beiden Darlehen vor der Krise gewährt worden seien und dass der Kläger bei Kriseneintritt die Rückforderung unterlassen habe. Dadurch seien seine Forderungen wertlos geworden und hätten mithin keine Auswirkung auf die Höhe seines Auflösungsverlusts.
Das FG Düsseldorf gab der Klage statt:
- Der Verlust des im Januar 2012 gewährten Darlehens führt zu negativen Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen und der Ausfall des im Juni 2013 gewährten Darlehens erhöht den Auflösungsverlust des Klägers.
- Wegen der Vermögenslosigkeit der GmbH stand der endgültige Darlehensverlust bereits im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft fest. Die Verluste sind daher im Streitjahr 2014 zu berücksichtigen.
- Denn die erste Darlehenshingabe (Januar 2012) erfolgt vor Eintritt der Krise und die zweite Darlehenshingabe (Juni 2013) erfolgte während der Krise. Die GmbH ist im Laufe des Jahres 2012 in eine Krise geraten, denn die Hausbank war nicht mehr bereit, ihr weitere Darlehen zu gewähren.
- Bei der Berechnung des Auflösungsverlusts i.S.d. § 17 EStG ist der vom Kläger im Juni 2013 gewährte und nicht zurückgezahlte Darlehensanteil als nachträgliche Anschaffungskosten anzusetzen. Unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens ist der Auflösungsverlust des Klägers entsprechend zu erhöhen.
- Das im Januar 2012 gewährte Darlehen führt hingegen nicht zu einer Erhöhung des Auflösungsverlusts. Der Kläger war als alleiniger Geschäftsführer über die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft hinreichend informiert. Dennoch hat er dieses Darlehen bei Eintritt der Krise nicht zurückgefordert. Dadurch ist der Wert dieses Darlehens auf Null Euro gesunken.
- Der Verlust des im Januar 2012 gewährten Darlehens ist aber als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin Darlehensgeberin war. Seit der Einführung der Abgeltungssteuer führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust. Die insofern erforderliche Einkunftserzielungsabsicht der Kläger wird dabei widerlegbar vermutet.
- Der Ausfall des im Juni 2013 gewährten Darlehens führt hingegen nicht zu negativen Kapitaleinkünften der Kläger. Dies gilt sowohl für den Anteil der Klägerin als auch für den im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens nicht abzugsfähigen Anteil des Klägers. Die Vermutung der Einkunftserzielungsabsicht war insofern widerlegt, weil dieses Darlehen in der Krise gegeben wurde und damit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war.
Hinweis:
Das FG hat die Revision zugelassen, da der BFH bislang nicht entschieden habe, ob ein Steuerpflichtiger sich nur teilweise dafür entscheiden kann, die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen weiter anzuwenden, wenn die Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zu einem für ihn steuerlich günstigeren Ergebnis führt (vgl. dazu auch FG Münster, Urteil v. 12.3.2018 - 2 K 3127/15 E, Rev. unter IX R 9/18).
Gegen die Entscheidung wurde inzwischen Revision eingelegt, diese ist beim BFH unter IX R 5/20 anhängig.
Quelle: FG Düsseldorf Newsletter März 2020 sowie FG Düsseldorf, Urteil v. 28.1.2020 - 10 K 2166/16 E, NWB ZAAAH-45051 (ImA)
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