Neue Umsatzsteuer-Regeln für Online-Händler
Das Jahressteuergesetz 2020 (BGBl 2020 I, S. 3096) ist eine der umfassendsten Änderungen der Umsatzsteuer seit vielen Jahren. Einer der Kernpunkte des Jahressteuergesetztes ist die Umsetzung des zweiten Digitalpakets. Die neuen steuerlichen Rahmenbedingungen ziehen nicht nur steuerdeklaratorische Folgen nach sich, sondern strahlen u.U. auch auf operative Prozesse und digitale Schnittstellen aus. In diesem Beitrag sollen die grundlegenden Änderungen dargestellt werden, wie sie für die Beratung von im Inland ansässigen Online-Händlern von Bedeutung sind.
Ăśberblick Digitalpaket II
Durch das zweite Digitalpaket wird das – bei Einführung des Binnenmarktes noch als vorübergehender Status deklarierte und mittlerweile als Standard festgelegte – Bestimmungslandprinzip drastisch aufgewertet. Insbesondere fällt die bis dato gültige Versandhandelsregelung weg, an deren Stelle tritt nunmehr die sog. Fernverkaufsregelung. Damit einher geht die Wandlung des MOSS- in das OSS-Verfahren. Auch die Regelungen zur Einfuhr ändern sich teils grundlegend mit der Einführung eines Import-OSS. Weiterhin sind Plattformanbieter in grundlegender Art und Weise betroffen. Auch für Transportunternehmen ergeben sich mit der Einführung des § 21a UStG drastische Änderungen.
Die neue Fernverkaufsregelung
Für innerdeutsche Verkäufe und Versendungen und solche in das Drittlandsgebiet ändert sich in 2021 ebenso wenig wie für den B2B-Bereich (dort erst zum 01.01.2022). Doch für Verkäufe, die aus Deutschland in ein anderes EU-Land an nichtunternehmerische Kunden erfolgen, ist ab dem 01.07.2021 die neue innergemeinschaftliche Fernverkaufsregelung des § 3c Abs. 1 UStG n.F. zu beachten. Dabei kommt es nicht auf den Sitz des Händlers, sondern allein auf Beginn- und Endort der Warenbewegung an. Wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, liegt der Ort der Lieferung am Sitz des Kunden:
- Beförderung oder Versendung eines Gegenstands (im Rahmen einer Lieferung)
- durch den Lieferer oder fĂĽr Rechnung des Lieferers
- aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mietgliedstaates oder in die in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete
- Erwerber ist eine Person i.S.d. § 3a Abs. 5 S. 1 oder § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG. Letz-tere darf die im Zielland gültige Erwerbsschwelle nicht überschritten bzw. auf diese verzichtet haben.
Es handelt sich also um den „normalen“ Versandhandel an Privatpersonen im EU-Ausland. Lieferschwellen werden schlichtweg abgeschafft. Nur eine Bagatellregelung ist zu berücksichtigen (§ 3c Abs. 4 UStG): Der Ort der Lieferung richtet sich bei sog. „Micro-Unternehmern“ nach § 3 Abs. 6 S. 1 ff. UStG. Ein solcher Unternehmer liegt vor, wenn
- Er nur in einem einzigen Mitgliedstaat ansässig ist und
- sein Gesamtbetrag der Entgelte i.S.d. § 3a Abs. 5 S. 2 UStG an Personen i.S.d. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG zzgl. der Entgelte für innergemeinschaftliche Fernverkäufe sowohl im Vorjahr als auch im laufenden Jahr jeweils 10.000 Euro nicht übersteigt.
Beispiel:
Händler B aus Braunschweig vertreibt bereits seit 2009 über seinen Webshop Kinderspielzeug. Im August 2021 verkauft und versendet er aus seinem Lager in Potsdam ein elektrisches Bobbycar im Wert von 800 € nach Portugal. Er ist kein Micro-Unternehmer i.S.d. § 3c Abs. 4 UStG.