Gut gemeint â schlecht gemacht?
Fragen uÌber Fragen tuÌrmten sich in der Fachwelt und letztendlich auch bei jedem Einzelnen, der mit Buchhaltung zu tun hat. Die LösungsansĂ€tze
in der Praxis waren demnach ebenso unterschiedlich. In vielen PausengesprĂ€chen wurden Smalltalks mit der Frage: âUnd â wie bucht Ihr das?â eingeleitet, und schon hatte man eine kontroverse Diskussion mit offenem Ende.
Nachdem sich sowohl das IDW (mehrfach), die BStBK als auch zahlreiche VerbĂ€nde an dem BMF-Schreiben abgearbeitet hatten, sah sich das BMF nach schlappen 362 Tagen dazu veranlasst, mit Schreiben vom 22.02.2022 eine vermeintliche Klarstellung zu veröffentlichen. Eine â vermeintliche â Klarstellung?
Ja, Sie haben richtig gelesen â denn es ist und bleibt eine Verwaltungsanweisung, die ausschlieĂlich die Exekutive bindet. Weder die maĂgeblichen Instanzen fuÌr die Handelsbilanz (oder internationale Rechnungslegung) noch die Finanzgerichte fuÌhlen sich an die Verlautbarung gebunden. Soll heiĂen: In das BMF-Schreiben âreinklagenâ (z. B. weil man selbst einen Rechner als einen vom BMF-Schreiben beguÌnstigten âSmall-Scale-Serverâ einstuft, die BP aber einen GroĂrechner sieht), das wird nicht gelingen, da das FG ohnehin eine lĂ€ngere Nutzungsdauer annehmen wird.
KopfschĂŒtteln und Aufatmen
Das IDW hat sich am 16.03.2022 auch schon mit dem neuen Schreiben des BMF beschÀftigt und spricht ihm den klÀrenden Charakter vollstÀndig
ab. Es bleibt dabei â in der Handelsbilanz wird diese Fiktion nicht uÌbernommen (oder nur dann, wenn die Nutzungsdauer tatsĂ€chlich nur ein
Jahr betrÀgt).
Aber was wurde denn jetzt eigentlich geĂ€ndert? Auf viereinhalb von fuÌnf DIN-A4-Seiten des BMF-Schreibens wurde kein Jota geĂ€ndert. Lediglich auf Seite 2 des BMF-Schreibens wurden die Tz. 1.1 bis 1.4 eingefuÌgt. Dort wird konstatiert, dass âdie betroffenen WirtschaftsguÌter auch weiterhin § 7 Abs. 1 EStG (und damit der Abschreibung) unterliegenâ. Die Möglichkeit, eine kuÌrzere bND zu wĂ€hlen, stelle (also) keine besondere Form der Abschreibung, keine neue AfA-Methode und auch keine Sofortabschreibung dar. In diesem Falle sei das WG in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen und insbesondere die Pro-rata-temporis-Regelung einzuhalten! Diesen Passus werden die Meisten mit einem KopfschuÌtteln wahrgenommen haben. Erst bei Tz. 1.4 atmen Praktiker auf: âEs wird nicht beanstandet, wenn abweichend zu § 7 Abs. 1 S. 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.â Aha, also ist eine Sofortabschreibung doch möglich!
Darauf ist zu achten!
Wenn man sich fuÌr die Sofortabschreibung entscheidet, muss beachtet werden, dass bei mittelgroĂen Kapitalgesellschaften bzw. Kapital & Co. Gesellschaften latente Steuern zu buchen sind. Zudem darf die Anschaffung bzw. Herstellung dieser WirtschaftsguÌter keinesfalls per Aufwand
gebucht werden. In jedem Fall muss im ersten Schritt eine Aktivierung im Bestandsverzeichnis erfolgen. Abseits dieser Widrigkeiten ist die Sofortabschreibung fuÌr EinnahmenuÌberschussrechner und Steuerpflichtige mit .berschusseinkuÌnften uneingeschrĂ€nkt zu begruÌ.en!
Die Frage aus der Ăberschrift nach der Beseitigung aller Unklarheiten kann damit also bejaht werden â aber nur fuÌr die Steuerbilanz und solange man nicht klagt.