Der europäische Gerichtshof hat entschieden. Zukünftig besteht eine Verpflichtung seitens des Arbeitgebers, die Arbeitszeit von Arbeitnehmern systematisch zu erfassen.
In den EU-Richtlinien und der Grundrechtecharta sind die Arbeitnehmerrechte bereits verankert. Mit dem Urteil hat der europäische Gerichtshof diese stark untermauert.
Die Deutsche Bank verliert somit das seit mehr als einem Jahr andauernde Verfahren. Doch was bedeutet das fĂĽr die Vorgehensweisen deutscher Unternehmen? Antwort: Die Erfassung von Arbeitszeiten wird zur Pflicht!
Arbeitnehmerschutz geht vor
Eine spanische Gewerkschaft brachte den Stein ins Rollen. Sie wollte die Deutsche Bank dazu verpflichten, die täglichen Arbeitsstunden der Arbeitnehmer ordnungsgemäß zu dokumentieren. Da in Spanien keine Verpflichtung zur Zeiterfassung im Gesetz verankert ist, ging die Deutsche Bank mit dieser Anklage bis vor den obersten Gerichtshof Spaniens.
Schlussendlich befasste sich der EuGH mit diesem Fall und stellte fest, dass geleistete Arbeitsstunden und Überstunden zum Schutze des Arbeitnehmers immer objektiv und verlässlich erfasst sein müssen.
Der Nachteil des Arbeitnehmers bei fehlender Zeiterfassung liegt klar auf der Hand. Sofern es keine genaue Zeiterfassung gibt, ist es für ihn nahezu unmöglich, das Recht auf entsprechenden Ausgleich, sei es durch Freizeitausgleich oder mehr Lohn, durchzusetzen.
Ursache – (Aus-)Wirkung
Die Auswirkungen auf den Arbeitsalltag der Beschäftigten und die Konsequenzen von Unternehmen können groß sein.
In Großunternehmen gehört die Zeiterfassung bereits zum Alltag – hier sollte vom Urteil am wenigsten zu spüren sein. Doch was ist mit den kleinen Betrieben oder Start-UPs? Vielen treibt der bevorstehende bürokratische Mehraufwand nach diesem Urteil schon jetzt den Schweiß auf die Stirn. Gerade in kleinen Betrieben läuft nicht immer alles nach Stechuhr. So könnte dieses Urteil im Extremfall zur Kreativ- und schlussendlich zur Wirtschaftsbremse werden.
Dem einen oder anderen Arbeitnehmer in größeren Unternehmen ist diese Entscheidung sogar ein Dorn im Auge sein. „Nach der Arbeit noch schnell ein halbes Stündchen Mails bearbeiten, damit morgen etwas Luft ist.“ – dies könnte, ohne die Einwilligung des Vorgesetzten, bald der Vergangenheit angehören.
Für einige „Workaholics“ wird das Urteil wiederum der letzte Strohhalm vor der körperlichen und geistigen Erschöpfung sein. Die gesundheitlichen Langzeitfolgen vom ständigen „Erreichbar sein“ sind nur zu erahnen.
Das Urteil ist gefällt, jedoch wird sich Deutschland nun mit der Umsetzung beschäftigen müssen. Aus Regierungskreisen gibt es bereits Verlautbarungen, dass diese bis zum Ende des Jahres definiert sei. Deutsche Politiker und Gewerkschaften positionieren sich entsprechend ihrer Sichtweisen – es bleibt spannend!
Wie läuft es in Ihrem Unternehmen? Was halten Sie von der Entscheidung?
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