Sachverhalt: Unternehmensgegenstand der Klägerin, einer GmbH, ist der Abbau und die Verwertung von Rohstoffen. Für Verpflichtungen zur Rekultivierung von Abbaugrundstücken bildete sie in Handels- und Steuerbilanzen Rückstellungen.
In der Handelsbilanz zum 31.12.2010 erfasste sie Ansammlungsrückstellungen in Höhe von 295.870 €, bei deren Ermittlung geschätzte Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt einbezogen wurden; der auf diese Weise ermittelte Erfüllungsbetrag wurde mit einem Zinssatz von 4,94 % abgezinst. Steuerrechtlich erfolgte die Ermittlung ohne künftige Kostensteigerungen; der ermittelte Verpflichtungsbetrag betrug laut Steuerbilanz 348.105 €.
Das FA kürzte unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die von der Klägerin gebildete Rückstellung laut Steuerbilanz auf den niedrigeren Handelsbilanzwert in Höhe von 295.870 €, weil ansonsten steuerrechtlich ein höherer Rückstellungsbetrag als in der Handelsbilanz ausgewiesen werde. Der Einspruch blieb erfolglos und das FG Rheinland-Pfalz wies die Klage ab (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 7.12.2016 1 K 1912/14). Es vertrat die Ansicht, dass der handelsrechtlich anzusetzende abgezinste Wert nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für die Steuerbilanz als Obergrenze zu beachten sei (Weitere Informationen zur FG-Entscheidung finden Sie in unserer Online Nachricht vom 28.3.2017) (NWB DokID: LAAAG-41379).
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:
- Die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz folgt den handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen (§ 5 Abs. 6 EStG).
- Die im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG enthaltene Regelung, dass Rückstellungen "höchstens insbesondere" mit den Beträgen nach den folgenden Grundsätzen in Buchst. a bis f anzusetzen sind, führt dazu, dass die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungsbeträge den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten dürfen.
- Dabei war auf den im Gesetz zum Ausdruck kommenden objektiven Willen des Gesetzgebers abzustellen:
- Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG "höchstens insbesondere" ergibt sich keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Mit dem Wortzusatz "insbesondere" hat der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es weitere Obergrenzen gibt.
- Aus einer historischen Auslegung (u.a. Begründung des Gesetzentwurfs) ergibt sich, dass ein niedrigerer handelsbilanzieller Wert als der steuerrechtliche Wert zugrunde zu legen ist.
- Auch eine systematische Auslegung führt zum Höchstansatz des handelsrechtlichen Bilanzwertes, denn das BilMG hatte keine Verselbständigung der Steuerbilanzwerte von den Handelsbilanzwerten zur Folge, auch wenn die Steuerbilanz gegenüber der Handelsbilanz deutlich verselbständigt wurde.
- Auch der Regelungszweck trägt dieses Ergebnis. Die Vorschrift zielt darauf ab eine realitätsnähere Bewertung von Rückstellungen zu erreichen. Dazu eignet sich auch der Maßgeblichkeitsgrundsatz soweit die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften zu niedrigeren Rückstellungen führen und eine realitätsnähere Bewertung gewährleisten.
- Die Auslegung führt nicht zu einer Beeinträchtigung des mit dem BilMoG verfolgten Zwecks der Steuerneutralität, denn der Gesetzgeber hat ihn letztendlich an dieser Stelle nicht ins Gesetz übernommen. Das generelle gesetzgeberische Motiv einer Steuerneutralität des handelsrechtlichen Reformteils hilft daher nicht über den Wortlaut hinweg.
- Das Auslegungsergebnis führt nicht nach Art. 3 Abs. 1 GG zu einer verfassungswidrigen Besteuerung. Denn auch eine Berücksichtigung handelsrechtlicher Bewertungsansätze im Rahmen der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG führt im Vergleich zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung.
Hauptbezug:BFH, Urteil v. 20.11.2019 - XI R 46/17 (NWB DokID: CAAAH-42552) (ImA)
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