Hintergrund: Die Bildung von Aufwandsrückstellungen, denen keine Verpflichtung gegenüber einem Dritten zugrunde liegt, ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 249 Abs. 2 Satz 1 HGB unzulässig. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des BFH für Außenverpflichtungen, bei denen die Leistungspflicht gegenüber dem Dritten von eigenbetrieblichen Erfordernissen des Unternehmens gleichgerichtet und kongruent überlagert wird.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine im Spezialgerüstbau tätige GmbH, hatte Rückstellungen für den Aufwand der Demontage des auf der jeweiligen Baustelle befindlichen Materials gebildet. Das FA vertrat u.a. die Auffassung, die Bildung einer Rückstellung für die mit der Auflösung von Baustellen verbundenen Aufwendungen sei unzulässig, da Rückstellungen für drohende Verluste steuerrechtlich nicht zulässig seien und die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht vorlägen.
Die gegen die gewinnerhöhende Auflösung der Rückstellung gerichtete Klage beim FG (FG Münster, Urteil v. 5.12.2018 - 13 K 2688/15 K ) hatte keinen Erfolg. Die Räumung der Grundstücke hat sowohl im Interesse des jeweiligen Auftraggebers als auch im Interesse der Klägerin gelegen.
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:
- Nach Maßgabe ständiger Rechtsprechung des BFH kann es ungeachtet einer ausreichend bestimmten Außenverpflichtung aber - dabei unabhängig von der Rechtsnatur als privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtung - in Betracht kommen, die wirtschaftlichen Interessen des Leistungsverpflichteten und des Anspruchsberechtigten zu gewichten und im Einzelfall ein sog. eigenbetriebliches Interesse als wirtschaftlich auslösendes Moment der Belastung zu werten (BFH, Urteil v. 25.2.1986 - VIII R 134/80, BFH, Urteil v. 8.11.2000 - I R 6/96, BFH, Urteil v. 27.6.2001 - I R 45/97, BFH, Beschluss v. 22.8.2006 X B 30/06, BFH, Beschluss v. 27.12.2010 - VIII B 88/10).
- Der BFH hält - entgegen der in der Literatur geäußerten Kritik - insbesondere in den Fällen an die Rechtsprechung fest, in denen eine bestehende Außenverpflichtung durch ein eigenbetriebliches Interesse bei wirtschaftlicher Betrachtung vollständig überlagert wird und damit der Sache nach eine sog. Aufwandsrückstellung vorliegt (Ansatzverbot gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 HGB).
- Insbesondere hat das "Negativmerkmal" damit entgegen der Ansicht der Klägerin eine gesetzliche Grundlage, da die Außenverpflichtung eine wirtschaftliche Belastung auslösen muss und diese Frage nicht losgelöst von einem damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden eigenbetrieblichen Interesse beantwortet werden kann.
Quelle: BFH, Urteil v. 22.1.2020 - XI R 2/19, NWB Datenbank NWB SAAAH-50690 (JT)
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