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Bilanzbuchhalter: Experteninterview mit Herrn Dr. Jan Heinrichs

Interview mit Herrn Dr. Jan Heinrichs, Partner in der Kanzlei „Fuß Heinrichs Bach“ Steuerberatungsgesellschaft und seit 2012 Dozent bei der Steuer-Fachschule Dr. Endriss, zur Akademisierung in Deutschland im Bereich Rechnungswesen/Steuern und die Vorteile der Bilanzbuchhalter-Prüfung.

Herr Dr. Heinrichs, Sie sind sowohl als Dozent als auch in der Praxis viele Jahre aktiv. Wie nehmen Sie Arbeitnehmer bzw. Teilnehmer im Hinblick auf die verschiedenen Werdegänge wahr? Haben Sie das Gefühl, dass sich in den Jahren etwas verändert hat (Auffassungsgabe, Fragestellungen o.ä.)?

Wir schätzen in unserer Kanzlei Bewerber und Mitarbeiter sowohl mit akademischer Bildung, als auch die reinen Praktiker. Die Praktiker, also insbesondere berufserfahrene Mitarbeiter können die praktischen Arbeiten, Buchführung, Bilanzerstellung, Erstellen von Steuererklärungen schneller umsetzen und aufgrund der vorhandenen Erfahrungen ohne große Rückfragen erledigen.
Bei Spezialproblemen wie Gutachten, Einsprüche oder Klagen erstellen, stellt man bei Akademikern eine andere Herangehensweise fest.
Eine Veränderung hat im Laufe der Jahre dahingehend stattgefunden, dass das Aufgabenspektrum auch für den einzelnen Mitarbeiter breiter geworden ist. Mir ist es lieber ein Mitarbeiter spezialisiert sich auf ein Gebiet und ist darin überzeugend gut, als ein Allrounder der alles macht, dabei aber Aufgaben nicht zu Ende bearbeitet.

Wie ist Ihr persönlicher Werdegang (Ausbildung, Weiterbildung, Studium)? Eher praktisch oder eher theoretische Erfahrung? Was überwiegt?

Sowohl als auch. Ich habe eine klassische Ausbildung zum Steuerfachangestellten absolviert, bevor ich an der Universität zu Köln das betriebswirtschaftliche Studium zum Diplom-Kaufmann gemacht habe. Im Anschluss an das Studium und nach der erforderlichen Praxiszeit habe ich das Steuerberaterexamen abgelegt. Im Jahr 2017 konnte ich meine Promotion, die ich nebenberuflich erstellt habe, abschließen.

Wir beraten in unserer Kanzlei kleine und mittelständische Betriebe. Als „klassischer“ Steuerberater sind wir dabei der Ansprechpartner für alle steuerlichen Belange des Unternehmens. So bekomme ich jeden Tag neue Probleme und Aufgaben auf meinen Schreibtisch. Von der Finanzbuchführung bis zur Bilanzerstellung, von der Steuererklärung bis zur Beratung. Die Abwechslung macht meinen Beruf als Steuerberater aus.
Daneben bin ich als Dozent im theoretischen unterwegs, was mir genauso viel Spaß macht, an manchen Tagen sogar etwas mehr als der Kanzleialltag. Momentan überwiegt noch die praktische Tätigkeit als Dozent.

Von den Teilnehmern erhalte ich positive Resonanz, dass ich viele Erfahrungen aus meiner Kanzlei in den Unterricht einfließen lasse. Von daher ergänzen sich Praxis und Theorie ganz gut bei mir.

Warum haben Sie Ihre Karriereschritte so gewählt?

Entscheidend für die Entwicklung meiner Karriere war mein Großvater, der selbst Wirtschaftsprüfer und Steuerberater war und vom Küchentisch aus eine Kanzlei mit über 50 Mitarbeitern aufgebaut hatte. Er beriet mich am Anfang auf meinem Weg. Die Ausbildung absolvierte ich in seiner Kanzlei. Ich würde diesen Weg immer so wählen. Die praktische Erfahrung aus der Ausbildung hat mir auf den Schritten zum Steuerberater immer Vorteile gebracht.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Bilanzbuchhalter aus?

  1. Bilanzexperte: Die Bilanzen meiner Mandanten werden von meinen Mitarbeitern vorbereitet. Hier erwarte ich im Idealfall eine Vorbereitung, dass im Gespräch zwischen dem Mitarbeiter und mir, welches immer „face-to-face“ stattfindet, nur noch Problem- und Sonderfälle besprochen werden müssen. Das notwendige Wissen zur Erstellung der Bilanz bringen die Bilanzbuchhalter mit.

  2. Steuerprobleme erkennen: Man kann nicht alles wissen im Steuerrecht, dafür ist es zu umfangreich. Was ich jedoch erwarte ist, dass man Probleme frühzeitig erkennt. Eine Lösung kann der Bilanzbuchhalter dann zusammen mit dem Steuerberater suchen.

  3. Komplexe Buchführungen erstellen: Wir haben in unsere Kanzlei mit unter auch komplexe Sachverhalte in der Buchführung. Auslandssachverhalte, umsatzsteuerliche Sachverhalte, Aufteilungen, Anzahlungen oder in Arbeit befindliche Aufträge sind nur einige Beispiele. Hier erwarte ich von einem Bilanzbuchhalter, dass er mit diesen Problemfeldern souverän umgehen kann.

Macht es in Ihren Augen Sinn, nach dem BWL Studium die Bilanzbuchhalter Weiterbildung zu besuchen.

Ja in jeden Fall. Leider werden in vielen BWL-Studiengängen die Steuerthemen nur in den Grundlagen besprochen. Bilanzprobleme werden teilweise mit theoretischen Fällen behandelt, es fehlt der Bezug zur Praxis. Diese Lücken schließt die Weiterbildung zum Bilanzbuchhalter.

Wo sehen Sie den Unterschied zwischen einem BWLer mit entsprechendem Schwerpunkt und einem Bilanzbuchhalter (inkl. Ausbildung)?

Der Akademiker hat seine Stärken im Lösen von Spezialproblemen. Der Bilanzbuchhalter zeigt seine Stärken im schnellen Umsetzen von Praxisaufgaben.

Inwiefern legen Sie Wert auf Praxiserfahrung?

Mitarbeiter oder Bewerber mit Praxiserfahrung können schneller ins "kalte Wasser“ geschmissen werden. Damit meine ich, dass ich dem Berufserfahrenen die Fälle auf den Tisch lege und er fängt an zu arbeiten. Wir erklären aber genauso gerne den Berufsanfängern, wie man im "kalten Wasser" nicht untergeht.

Als Dozent und Partner in einer Kanzlei – Wie sehen Sie die steigende Akademisierung in Deutschland?

Im ersten Moment nicht so schlimm. Ich erlebe in meinem Unterricht viele Teilnehmer, die nach ihrem Studium die Fortbildung zum Bilanzbuchhalter absolvieren. Das zeigt, dass die fehlende Praxis im Studium bei den Teilnehmern erkannt wird.

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